StPO § 467 Abs. 1

Leitsatz

  1. Die Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse im Fall des § 467 Abs. 1 StPO kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten mit umfasst. Eine nachträgliche Ergänzung der Entscheidung ist unzulässig.
  2. Ist gegen die Kostenentscheidung wegen Unanfechtbarkeit der Hauptentscheidung keine sofortige Beschwerde möglich, kann der unterbliebene Ausspruch nach Maßgabe der in § 33a StPO normierten Voraussetzungen nur innerhalb angemessener Frist nachgeholt werden, die jedenfalls bei einem Zeitraum von 1,5 Jahren nach Erlass der Kostenentscheidung überschritten ist.

OLG Köln, Beschl. v. 14.1.2013 – 2 Ws 308/11

1 Sachverhalt

Der Senat hat mit seinem im Rubrum bezeichneten Beschl. v. 10.6.2011 auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten den Beschluss des LG aufgehoben, dem Verurteilten auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss des AG gewährt und ausgesprochen, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse zur Last fallen; wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den vorbezeichneten Senatsbeschluss.

Mit Schriftsatz vom 27.6.2011 hat der Verteidiger die Festsetzung von Gebühren gem. Nrn. 4200 Nr. 3, 7002 VV nebst MwSt. beantragt.

Mit Beschl. v. 29.8.2011 hat das LG A. den Widerrufsbeschluss des AG aufgehoben und die Bewährungszeit für die Verurteilungen vom 26.9.2006 und vom 13.11.2008 des AG um jeweils weitere sechs Monate verlängert; die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers sind der Staatskasse auferlegt worden.

Mit Schriftsatz vom 28.11.2012 hat der Verteidiger an die Erledigung seines Festsetzungsantrages vom 27.6.2011 erinnert.

In seiner Stellungnahme vom 11.12.2012 zu dem Kostenfestsetzungsantrages vom 27.6.2011 hat der Bezirksrevisor bei dem LG darauf hingewiesen, dass eine Kostenentscheidung betreffend die notwendigen Auslagen in der Senatsentscheidung fehle.

Daraufhin hat der Verteidiger mit seinem im Rubrum bezeichneten Schriftsatz beantragt, den Senatsbeschluss v. 10.6.2011 dahingehend zu ergänzen, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last fallen.

2 Aus den Gründen

Der Antrag gibt dem Senat keine Veranlassung, seine Kostenentscheidung in dem Beschl. v. 10.6.2011 zu berichtigen oder zu ergänzen.

1. Es handelt sich bei der in entsprechender Anwendung des § 467 StPO getroffenen Entscheidung über die "Kosten des Beschwerdeverfahrens" nicht um ein eindeutiges Fassungsversehen oder einen Schreibfehler des Beschlusstenors, der einer von Amts wegen vorzunehmenden Korrektur durch den Senat zugänglich wäre. Beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, bei dem sie entstanden sind. Insbesondere die Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse im Fall des § 467 Abs. 1 StPO kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten mit umfasst. Eine nachträgliche Ergänzung der Entscheidung ist unzulässig (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. § 464 Rn 12, § 467 Rn 20 m.w.Nachw.). Auch für Entscheidungen des Rechtsmittelgerichts, die sich nur auf einen Ausspruch über die "Kosten" beschränken, gilt, dass sie nicht in eine die außergerichtlichen Auslagen umfassende Entscheidung "umgedeutet" werden können. Ebenso wenig kommt eine Ergänzung der Entscheidung durch Nachtragsbeschluss in Betracht; denn auch ein Beschluss, der – wenn auch versehentlich – eine nach § 464 Abs. 1, 2 StPO erforderliche Kosten- und Auslagenentscheidung nicht enthält, stellt in negativer Form eine "Entscheidung über Kosten und Auslagen" i.S.d. Abs. 3 S. 1 dar. Soweit er unanfechtbar ist, wäre eine nachträgliche Ergänzung unvereinbar mit der Sperrwirkung der formellen Rechtskraft der Entscheidung (Löwe-Rosenberg-Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn 27 u. 28 m.w.Nachw.).

Eine Auslegung, Umdeutung oder von Amts wegen vorzunehmende Ergänzung der in dem rechtskräftigen Senatsbeschluss v. 10.6.2011 tenorierten Kostenentscheidung in dem von der Verteidigung erstrebten Sinne, dass von den Kosten des Beschwerdeverfahrens auch die notwendigen Auslagen umfasst sind, kommt danach nicht in Betracht.

2. Auch eine Nachholung des unterbliebenen Ausspruchs im Verfahren auf Nachholung rechtlichen Gehörs gem. § 33a StPO ist nicht mehr zulässig.

Ist gegen die Kostenentscheidung wegen Unanfechtbarkeit der Hauptentscheidung keine sofortige Beschwerde möglich, kann der unterbliebene Ausspruch nach Maßgabe der in § 33a StPO normierten Voraussetzungen nachgeholt werden (Meyer-Goßner, a.a.O., § 464 Rn 12 a.E. m.w.Nachw.; Löwe-Rosenberg, a.a.O., § 464 Rn 28 a.E. m.w.Nachw.).

Auch wenn der Antrag im Schriftsatz vom 20.12.2013 als ein solcher Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gem. § 33a StPO zu verstehen sein sollte, wäre dieser im konkreten Fall bereits unzulässig, weil er jedenfalls verfristet ist.

Der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs muss ...

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