Einführung

Durch das erstinstanzliche Prozessgericht kann zur Erfüllung nicht vertretbarer Handlungen nach § 888 ZPO Zwangsgeld oder -haft angeordnet werden. Soll vom Schuldner eine Unterlassung oder Duldung erzwungen werden, kann hingegen nach § 890 ZPO Ordnungsgeld oder -haft verhängt werden. In Familiensachen kommen entsprechende Ordnungs- und Zwangsmittel nach §§ 89 ff. FamFG in Betracht. Obwohl diese Verfahren recht häufig vorkommen, bereitet die Kostenberechnung oftmals Schwierigkeiten. Im Folgenden sollen daher die entstehenden Kosten, aber auch die Beitreibung der verhängten Ordnungs- und Zwangsgelder erläutert werden.

I. Anwaltskosten

1. Verfahrensgebühr

Die Verfahren wegen der Anordnung von

sind Vollstreckungsverfahren, und auch das Prozessgericht wird als Vollstreckungsgericht tätig. In den erstinstanzlichen Verfahren finden daher die Nrn. 3309 ff. VV Anwendung ( Vorbem. 3.3.3 Nr. 2 VV), sodass der Anwalt zunächst eine 0,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3309 VV) verdient.

Für die Entstehung gilt Vorbem. 3 Abs. 2 VV, sodass die Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Entgegennahme von Informationen entsteht. Eine anwaltliche Tätigkeit mit Außenwirkung muss nicht vorliegen, sodass die Gebühr nicht erst mit Einreichung eines entsprechenden Antrags bei Gericht oder dem Vollstreckungsorgan entsteht. Die Gebühr entsteht auch, wenn der Anwalt nach Auftragserteilung eine interne Prüfung dahingehend vornimmt, ob eine Maßnahme nach §§ 888, 890 ZPO bzw. §§ 89 ff. FamFG zu beantragen ist und ihre Voraussetzungen vorliegen.[1]

Es muss aber stets ein Auftrag für die Vollstreckung vorliegen, der sich auch nicht automatisch aus einem für die Hauptsache erteilten Auftrag ergibt. Unerheblich ist dabei aber, ob der Auftrag für das gesamte Vollstreckungsverfahren oder nur für einzelne Tätigkeiten erteilt wird.

[1] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 3309 VV Rn 20.

2. Angelegenheit

a) Ordnungsgeldverfahren

Verfahren nach § 890 ZPO stellen gegenüber der Hauptsache eine besondere Angelegenheit dar, sodass die Gebühren gesondert entstehen. Darüber hinaus ordnet § 18 Abs. 1 Nr. 14 RVG an, dass mehrere Ordnungsgeld oder -haftverfahren nach § 890 ZPO auch untereinander eine eigenständige Angelegenheit bilden. Die Gebühren der Nrn. 3309, 3310 VV entstehen daher für jeden nach § 890 ZPO gestellten Antrag erneut. Gleiches gilt für Ordnungsgeldverfahren nach §§ 89, 90 FamFG (§ 18 Abs. 2 RVG). Es kommt dabei nicht auf die Anzahl der gestellten Anträge an, sondern nur darauf, dass die Anträge nach Auffassung des Gerichts eine erneute Zuwiderhandlung betreffen.[2]

Als eigenständige Angelegenheit ist wegen § 18 Abs. 1 Nr. 15 RVG auch das Verfahren wegen der Verurteilung zur Bestellung einer Sicherheit (§ 890 Abs. 3 ZPO) zu behandeln.

 

Beispiel

In einer Zivilsache wird durch den Anwalt die Anordnung eines Ordnungsgelds (§ 890 ZPO) beantragt. Es ergeht antragsgemäßer Beschluss. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Später muss erneut die Verhängung eines Ordnungsgelds beantragt werden. Es ergeht erneut antragsgemäß Beschluss. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Es liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor, sodass an Anwaltskosten entstanden sind:

I. Ordnungsgeldverfahren I

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV (Wert: 4.000,00 EUR)   73,50 EUR
2. Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV   14,70 EUR
  Zwischensumme 88,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   16,76 EUR
  Gesamt   104,96 EUR

II. Ordnungsgeldverfahren II

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV (Wert: 4.000,00 EUR)   73,50 EUR
2. Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV   14,70 EUR
  Zwischensumme 88,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   16,76 EUR
  Gesamt   104,96 EUR
Gesamt I + II = 209,92 EUR
[2] Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, Nr. 3309 VV Rn 39.

b) Zwangsgeldverfahren

Zwangsgeldverfahren nach § 888 ZPO stellen gegenüber der Hauptsache eine besondere Angelegenheit dar (§ 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG), jedoch bilden mehrere solcher Verfahren untereinander keine besondere Angelegenheit. Die Gebühren der Nr. 3309 ff. VV fallen deshalb nicht erneut an, wenn der Gläubiger wegen fortgesetzter Zuwiderhandlung erneut einen Antrag auf Verhängung von Zwangsgeld oder -haft nach § 888 ZPO stellt.[3] Der Anwalt verdient die Gebühren nur einmal.

 

Beispiel

In einer Zivilsache wird durch den Anwalt die Verhängung eines Zwangsgelds (§ 888 ZPO) beantragt. Es ergeht antragsgemäßer Beschluss. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Später muss erneut Verhängung eines Zwangsgelds beantragt werden. Er ergeht erneut antragsgemäß Beschluss. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Beide Verfahren bilden eine einheitliche Angelegenheit, sodass die Gebühr und Auslagenpauschale insgesamt nur einmal entstehen, und zwar aus dem einfachen Wert von 4.000,00 EUR. Eine Wertaddition findet hier nicht statt.

Abzurechnen ist daher wie folgt:

II. Ordnungsgeldverfahren II

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV ...

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