FamGKG-KostVerz. Nr. 2007 Nr. 2

Leitsatz

Die Erstattung von Reisekosten kann dem bedürftigen Beteiligten nicht mit der Begründung versagt werden, er habe den Erstattungsantrag nicht alsbald nach dem Termin gestellt, wenn das Gericht die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe verzögert hat und der Erstattungsantrag umgehend nach Erhalt des Bewilligungsbeschlusses gestellt worden ist.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.6.2017 – 5 WF 75/17

1 Sachverhalt

Der in B wohnende Antragsgegner nahm im Rahmen eines Umgangsverfahrens am 19.10.2016 einen Anhörungstermin vor dem FamG G wahr. Sein persönliches Erscheinen war angeordnet. In dem Termin beantragte er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, die ihm mit Beschluss des FamG v. 7.4.2017 mit Wirkung ab Antragstellung bewilligt wurde. Der Beschluss wurde der Geschäftsstelle am 10.4.2017 übergeben.

Mit Schriftsatz v. 12.4.2017 hat der Antragsgegner beantragt, ihm die aufgrund der Anreise mit eigenem Pkw zum Gerichtstermin entstandenen Kosten zu ersetzen.

Das FamG hat diesen Antrag unter Hinweis auf höchstrichterliche Rspr. zurückgewiesen. Der Erstattungsantrag des Antragsgegners sei nicht "alsbald nach dem Termin" gestellt worden, so dass Reisekosten nicht mehr erstattet werden könnten. Wenn eine Partei Reisekosten aus eigenen Mitteln vorlege und dann für längere Zeit nach deren Entstehung auf eine Abrechnung gegenüber der Staatskasse verzichte, begründe dies die tatsächliche Vermutung, dass sie eben trotz der grds. bewilligten Verfahrenskostenhilfe zur Aufbringung der Reisekosten selbst in der Lage gewesen sei.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, ihm sei uneingeschränkt Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Der Antrag auf Erstattung sei rechtzeitig, nämlich zwei Tage nach der Verfahrenskostenhilfebewilligung, gestellt worden. Es mache keinen Sinn, ihm die Erstattung der Fahrtkosten mit der Begründung zu verweigern, dass er zwar als bedürftig angesehen werde, was die Anwaltsgebühren angehe, aber nicht als bedürftig, was die eigenen Reisekosten zu dem auswärtigen Termin angehe.

Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen.

2 Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, § 127 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO. Gegen eine richterliche Entscheidung, mit der die Bewilligung von Reisekosten abgelehnt wird, ist die sofortige Beschwerde nach § 127 ZPO das gegebene Rechtsmittel (vgl. BGH, Beschl. v. 19.3.1975 – IV ARZ (VZ) 29/74, zitiert nach juris, dort Rn 9; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.12.2005 – 5 WF 140/05, zitiert nach juris, dort Rn 1).

In der Sache führt die sofortige Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg, § 572 Abs. 3 ZPO.

Dem Antragsgegner kann nach Auffassung des Senats die Erstattung von Reisekosten nicht mit der vom FamG vorgenommenen Begründung verweigert werden.

1. Die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe erstreckt sich in analoger Anwendung von § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Bewilligungsbeschluss auf die notwendigen Reisekosten des Beteiligten (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.5.2013 – 13 UF 127/11, zitiert nach juris, dort Rn 3 [= AGS 2013, 243]; OLG Naumburg, Beschl. v. 15.8.2012 – 4 WF 85/12, zitiert nach juris, dort Rn 2; Geimer, in: Zöller, ZPO, Komm., 31. Aufl., 2016, § 122 ZPO, Rn 26; Zimmermann, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Komm., 5. Aufl., 2016, Rn 530).

2. Dass der Antrag des Antragsgegners auf Reisekostenerstattung erst nahezu sechs Monate nach Durchführung des Termins eingereicht wurde, steht der Feststellung der Notwendigkeit von Reisekosten in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen.

Im Falle der Verfahrenskostenhilfebewilligung beruht die Erstattungsfähigkeit notwendiger Reisekosten auf demjenigen Beschluss, mit welchem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Im Rahmen der Entscheidung über die – nachfolgend begehrte – Reisekostenentschädigung hat das Gericht dann allein zu prüfen, ob die Bereitstellung dieser Mittel zur Prozessführung notwendig ist (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.4.2005 – 9 WF 77/05, zitiert nach juris, dort Rn 5; Geimer, in: Zöller, ZPO, 31., Aufl. 2016, § 122 ZPO, Rn 27).

Ist wie vorliegend Verfahrenskostenhilfe beantragt, aber noch nicht bewilligt, muss es der bedürftigen Partei demnach gestattet sein, die Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag abzuwarten, ohne dass sie mit ihrer der Bewilligung nachfolgenden Geltendmachung der Reisekostenentschädigung präkludiert sein kann. Auf eine "alsbaldige" Geltendmachung nach dem Termin kommt es im Fall eines bereits gestellten Verfahrenskostenhilfeantrages nicht an. Die eine Reisekostenerstattung begehrende bedürftige Partei kann allenfalls gehalten sein, ihren Erstattungsantrag "alsbald" nach der Verfahrenskostenhilfebewilligung vorzulegen, was hier geschehen ist.

Entscheidend ist, dass der Antragsgegner bereits im Termin v. 19.10.2016 einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt hatte. Diese wurde ihm mit Beschl. v. 7....

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