Die Entscheidung ist zutreffend. Nach § 16 Nr. 11, 1. Hs. RVG bilden das Verfahren auf Zulassung eines Rechtsmittels und das nachfolgende zugelassene Rechtsmittelverfahren eine einzige Angelegenheit. Mit anderen Worten: Es gibt nur einen einzigen Auftrag für eine einzige Angelegenheit.

Dieser Auftrag war hier aber vor dem Stichtag erteilt worden, so dass nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG die alten Gebührenbeträge anzuwenden waren.

Ob der Auftrag zunächst nur unbedingt für das Zulassungsverfahren und bedingt für das Berufungsverfahren erteilt worden war, ist unerheblich, da ein bedingter Auftrag innerhalb der Angelegenheit irrelevant ist. Es ist hier gerade kein Auftrag zu einer neuen Angelegenheit erteilt worden, sondern der Auftrag zur Erweiterung der Angelegenheit, nämlich zum Übergang vom Zulassungsverfahren in das Berufungsverfahren.[1]

Anders verhält es sich dagegen bei einem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels und dem nachfolgenden zugelassenen Rechtsmittel. Insoweit liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor (§ 17 Nr. 9 RVG), so dass also hier unterschiedliche Gebührenrechte Anwendung finden können. Es kann also dazu kommen, dass der Anwalt für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nach altem Recht abrechnet und für das zugelassene Rechtsmittel nach neuem Recht. Anzurechnen ist dann die Verfahrensgebühr des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nach den alten Beträgen auf die Verfahrensgebühr des Rechtsmittels nach den neuen Beträgen.

 

Beispiel

Das OVG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen ist vor dem 1.8.2013 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben worden (Wert: 8.000,00 EUR), der das BVerwG in 2014 stattgegeben hat. Daran schließt sich das Revisionsverfahren vor dem BVerwG mit mündlicher Verhandlung an.

Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstehen die Gebühren nach den Beträgen des RVG i.d.F. vor dem 1.8.2013 (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).

Im Revisionsverfahren entstehen die Gebühren nach den neuen Gebührenbeträgen. Anzurechnen ist die vorangegangene Verfahrensgebühr nach den alten Gebührenbeträgen.

I. Nichtzulassungsbeschwerde

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3506 VV   659,20 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 679,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,05 EUR
  Gesamt   808,25 EUR

II. Revisionsverfahren

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3206 VV   729,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)     
2. gem. Anm. zu Nr. 3506 VV anzurechnen, 1,6 aus 8.000,00 EUR   – 659,20 EUR
3. 1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV    684,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, VV 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 774,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   147,14 EUR
  Gesamt   921,54 EUR

Im Ergebnis erhält der Anwalt also noch die Differenz der Verfahrensgebühr zwischen den alten und den neuen Beträgen (netto 70,40 EUR).

Norbert Schneider

AGS 5/2017, S. 221 - 223

[1] Ebenso bereits VG Dresden AGS 2017, 118.

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