Die Entscheidung ist zutreffend. Der Verteidiger hat die Zusätzliche Gebühr sogar zweimal verdient.

Vereinfacht stellt sich der Fall wie folgt dar:

 

Beispiel

Gegen den Beschuldigten wird Anklage wegen verschiedener Taten vor dem AG erhoben. In der Hauptverhandlung wird das Verfahren wegen einzelner Taten abgetrennt und als gesondertes Verfahren fortgeführt. In dem Ausgangsverfahren wird der Angeklagte verurteilt. Dagegen legt er Berufung ein und erklärt, die Berufung zurückzunehmen, wenn das Verfahren wegen der abgetrennten Verfahren eingestellt werde. Daraufhin stellt das Gericht das abgetrennte Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ein. Hiernach nimmt der Verteidiger die Berufung zurück.

Bis zur Abtrennung lag nur eine Angelegenheit vor. Ab der Abtrennung waren zwei verschiedene (parallele) Angelegenheiten gegeben. Hinzu kommt das Berufungsverfahren als weitere Angelegenheit (§ 17 Nr. 1 RVG).

Im Ausgangsverfahren vor dem AG hat der Verteidiger zunächst einmal die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV verdient. Hinzu kommt die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV. Für die Hauptverhandlung ist dann noch eine Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV entstanden. Hinzu kommen Auslagen und Umsatzsteuer. Ausgehend von der Mittelgebühr ergibt sich damit folgende Vergütung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   165,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   275,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 460,00 EUR   
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   87,40 EUR
Gesamt     547,40 EUR

Für das Berufungsverfahren ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV angefallen. Hinzu kommt die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV, die hier in der Variante der Rücknahme der Berufung entstanden ist (Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 4141 VV). Ausgehend von der Mittelgebühr ergibt dies folgende weitere Vergütung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4124 VV   320,00 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4124 VV   320,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 660,00 EUR   
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   125,40 EUR
Gesamt     785,40 EUR

Für das abgetrennte Verfahren erhält der Verteidiger eine gesonderte Vergütung, da das Verfahren nach Abtrennung eine neue Angelegenheit darstellt. Eine Grundgebühr ist hier allerdings nicht entstanden, da nach Abtrennung keine (neue) Einarbeitung erfolgt (Anm. Abs. 1 zu Nr. 4100 VV).[1]

Durch seine Mitwirkung im abgetrennten Verfahren, die zur Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO geführt hat, hat der Verteidiger hier allerdings neben der Verfahrensgebühr der Nr. 4106 VV eine weitere Zusätzliche Gebühr verdient. Bei dem abgetrennten Verfahren handelt es sich um eine eigene Angelegenheit, so dass dort sämtliche Gebühren erneut anfallen können (arg. e § 15 Abs. 2 RVG). Der Anwalt erhält also – wiederum ausgehend von der Mittelgebühr – folgende weitere Vergütung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4124 VV   165,00 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4124 VV   165,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 350,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   66,50 EUR
Gesamt     416,50 EUR

Norbert Schneider

AGS 5/2016, S. 216 - 218

[1] AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 4100 VV Rn 13, 14; Burhoff, Nr. 4100 VV Rn 29, 30.

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