Die gegen diese Zurückweisung vom Rechtsanwalt erhobene Erinnerung ist zulässig und begründet. Zur Begründung seiner Erinnerung hat der Verteidiger ausgeführt, dass die Entscheidung in der Hauptverhandlung vor dem LG Berlin erfolgt sei und in diesem Zusammenhang einzig erheblich sei, ob durch anwaltliche Mitwirkung des Verteidigers die Hauptverhandlung entbehrlich und das Verfahren endgültig eingestellt werden konnte. Die Mitwirkung des Verteidigers habe darin bestanden, dass der Verteidiger mehrere Vorstöße unternommen habe, exakt die vor dem LG protokollierte Einstellung des Verfahrens, über die dort nochmals länger verhandelt wurde, vorzunehmen, während er im Gegenzug, wie bereits bei der Einlegung des Rechtsmittels angekündigt, die Berufung des Mandanten zurückgenommen habe. Zweifel am Vorliegen der von dem Verteidiger dargelegten Aktivitäten bestehen nicht. Mit Beschluss hat das AG das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Geschehens aus der Anklageschrift nach § 154 Abs. 2 StPO (vorläufig) eingestellt und aufgrund der faktischen verfahrensbeendenden Wirkung zugleich eine Kostenentscheidung getroffen. Erst mit dieser Entscheidung ist das Strafverfahren vollständig zum Abschluss gebracht worden.

Bei dieser Sachlage ist eine Gebühr nach der Nr. 4141 VV entstanden. Die sogenannte "Befriedungsgebühr" soll dazu dienen, einvernehmliche Verfahrensentscheidungen zu fördern, und dem Verteidiger einen beträchtlichen Anreiz zur fördernden Mitwirkung bieten (Hartmann, KostG, 45. Aufl., Nr. 4141 VV Rn 1). Ohne die unbestrittenen Aktivitäten des Verteidigers und den Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung in der Berufungsinstanz wäre hinsichtlich des Anklagevorwurfs aus der Anklageschrift eine erneute Hauptverhandlung durchzuführen gewesen. Das Gericht erster Instanz, das Jugendschöffengericht, hätte daher insoweit eine neue Hauptverhandlung anberaumen müssen. Diese Verfahrenssituation ist daher nicht mit der Situation vergleichbar, die – so häufig – dadurch entsteht, dass im Zuge der Hauptverhandlung hinsichtlich einzelner erkennbarer Taten zunächst eine Abtrennung und (Teil-)Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO erfolgt und anschließend hinsichtlich des oder der verbleibenden Tatvorwürfe bzw. Tatvorwurfs ein Erkenntnis folgt. Verbleibt es nach Eintritt der Rechtskraft bei den in der Hauptverhandlung erfolgten (Teil-)Einstellungen, ist aufgrund der dann faktisch eintretenden verfahrensbeendenden Wirkung insoweit lediglich eine Kostenentscheidung hinsichtlich der vorläufig eingestellten Taten erforderlich. In jenen Fällen stellt sich dann nicht mehr die Frage, ob durch eine Aktivität des Verteidigers eine weitere Hauptverhandlung vermieden wird. Gleiches gilt für den Fall, dass in einem Verfahren gegen mehrere Beschuldigte das Verfahren gegen einen oder mehrere Beschuldigte abgetrennt und (vorläufig) eingestellt wird. In den letztgenannten Verfahrenskonstellationen sind jeweils mit Abschluss der Instanz Entscheidungen über den gesamten Prozessstoff gefallen.

Die Verfahrenssituation im vorliegenden Verfahren war jedoch so, dass nach der Abtrennung das "Verfahrensschicksal" hinsichtlich des Tatvorwurfes aus der Anklageschrift offen war. Ohne einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft hätte tatsächlich noch eine Hauptverhandlung stattfinden müssen. So lag es in der vorliegenden Verfahrenskonstellation im Interesse des Angeklagten N., dass sein Verteidiger durch sein Prozessverhalten darauf hinwirkt, dass jedenfalls hinsichtlich des noch offenen Verfahrensteils, der abgetrennten Tat aus der Anklageschrift, das Gericht nicht eine erneute Hauptverhandlung durchführt und diese Hauptverhandlung mit einem weiteren Urteil gegen den Angeklagten N. endet. Bot das Verfahren somit noch Spielraum für eine "Befriedigung", sind die entsprechenden Aktivitäten des Verteidigers auch mit der hierfür vorgesehenen Gebühr in dem von dem Verteidiger beantragten angemessenen Umfang gerechtfertigt.

entnommen von www.burhoff.de

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