ZPO § 93

Leitsatz

Im Rahmen einer vorgerichtlichen Abmahnung muss ein Verband keine Erklärung zur Anzahl seiner Mitglieder bekannt geben

LG Darmstadt, Urt. v. 31.3.2017 – 14 O 13/17

1 Sachverhalt

Der Verfügungskläger, ein Interessenverband, hatte den Verfügungsbeklagten außergerichtlich abgemahnt. Dieser ließ durch Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten die Abmahnung mit der Begründung zurückweisen, dass dem Verfügungskläger die Aktivlegitimation fehle, weil diesem mangels hinreichender Mitgliederzahl keine wettbewerbsrechtliche Relevanz beizumessen sei.

Der Verfügungskläger hat sodann eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung erwirkt.

In der mündlichen Verhandlung auf den Widerspruch hin wurde dann erstmals eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, wonach der Verband mehr als 1.000 Mitglieder habe. Im Hinblick darauf hat der Verfügungsbeklagte den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung erkannt, allerdings unter Verwahrung gegen die Kostenlast, da die eidesstattliche Versicherung zur Mitgliederzahl erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sich daher der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung als begründet herausgestellt. Der Verfügungsbeklagte habe keine Veranlassung, zur Anru fung des Gerichts gegeben, weshalb dem Verfügungskläger nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens hätten auferlegt werden müssen.

Das Gericht hat die Kosten nach § 91 ZPO dem Verfügungsbeklagten auferlegt.

2 Aus den Gründen

Veranlassung zur Anrufung des Gerichts ist nämlich dann bereits gegeben, wenn das Verhalten eines Beklagten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtlage so geartet war, dass der Verfügungskläger annehmen musste, er werde nur durch die Einleitung des streitgegenständlichen Verfahrens zu seinem Recht kommen (Zöller/Freier, § 93 ZPO, Rn 3, m.w.N.).

Veranlassung zur Klageerhebung i.S.d. § 93 ZPO hat der Verfügungsbeklagte im vorliegenden Fall schon deshalb gegeben, weil er das Verlangen des Verfügungsklägers auf Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung vorgerichtlich zurückweisen ließ, womit der Verfügungskläger hinreichenden Anlass zur Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens hatte. Insoweit kommt es nicht auf die materielle Rechtslage bzw. die Frage an, ob und ab wann der geltend gemachte Anspruch materiell-rechtlich begründet war, weil allein das tatsächliche Verhalten des Verfügungsklägers selbst für die Frage, ob § 93 ZPO zu seinen Gunsten angewendet werden kann, entscheidend ist.

Das tatsächliche vorgerichtliche Verhalten des Beklagten schließt im vorliegenden Fall eine Anwendung des § 93 ZPO zu seinen Gunsten aus, weshalb ihm die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 ZPO aufzuerlegen waren.

AGS 4/2017, S. 203 - 204

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