Leitsatz

  1. Die Verzinsung der vom Kläger gezahlten Gerichtskosten kann für die Zeit vor dem Eingang des Festsetzungsantrags (vgl. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) gegebenenfalls auf materiell-rechtlicher Grundlage (z.B. aus Verzug) verlangt werden.
  2. Auch wenn sich der Beklagte mit der Zahlung der eingeklagten Hauptforderung in Verzug befindet, kann ein solcher Zinsanspruch nicht pauschal auf § 288 Abs. 1 BGB gestützt werden, vielmehr bedarf es der konkreten Darlegung eines weiteren Schadens i.S.v. § 288 Abs. 4 BGB.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.7.2012 – 8 U 66/11

1 Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Spezialtiefbauunternehmen und war von der Bekalgten mit der Ausführung von Bauarbeiten beauftragt worden. Die Beklagte verweigerte die Abnahme aufgrund wegen von ihr behaupteter Mängel. Die Klägerin hat daraufhin vor dem LG Klage über Werklohn in Höhe von 43.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.8.2005 und Nebenkosten erhoben.

Mit Klageerweiterung hat die Klägerin ferner die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung bis zur Einreichung des Kostenfestsetzungsantrags als materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu bezahlen.

Die Beklagte hat zunchst vollständige Klagabweisung beantragt.

Nach Beweisaufnahme hat die Beklagte die Hauptforderung anerkannt, alle anderen Begehren der Klägerin aber weiterhin zurückgewiesen und sich insbesondere darafu berufen, dass es für die Feststellung einer Zinspflicht auf im Prozess geleistete Zahlungen an einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage fehle.

Das LG hat nach Teilanerkenntnisurteil die Beklagte mit Teilschlussurteil verurteilt, der Klägerin Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus der Hauptsumme zu zahlen und hat auch dem Feststellungsantrag – allerdings nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – unter Abweisung im Übrigen entsprochen.

Dagegen hat die Beklage eingelegt rügt u.a., es bestehe – entgegen der Entscheidung des LG – kein ersatzfähiger Zinsschaden der Klägerin hinsichtlich der bezahlten Gerichtskostenvorschüsse. Der von der Klägerin mit der Feststellungsklage geltend gemachte Zinsschaden sei erst durch die Einreichung der Klage entstanden und stelle keine unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitungskosten erstattungsfähige Schadensposition dar.

Die Berufung hatte insoweit Erfolg.

2 Aus den Gründen

Das LG hat aber rechtsfehlerhaft (§ 546 ZPO) der Feststellungsklage der Klägerin hinsichtlich einer Verzinsungspflicht für eingezahlte Gerichtskosten im Wesentlichen entsprochen. Die Feststellungsklage ist als unbegründet abzuweisen.

a) Das LG geht davon aus, dass die Beklagte wegen Verzugs verpflichtet sei, der Klägerin die auf die Gerichtskosten entfallenden Zinsen zu ersetzen. Dabei soll der Verzug der Beklagten mit der Bezahlung der Werklohnforderung ursächlich dafür sein, dass die Klägerin die Gerichtskostenvorschüsse habe aufbringen müssen und entsprechende Zinsnachteile gehabt habe.

Diese Auffassung des LG hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

b) Zutreffend hat das LG allerdings erkannt, dass eine Anwendung von § 288 Abs. 2 BGB auf die streitige Forderung von vorneherein ausscheidet, weil es sich nicht um eine Entgeltforderung handelt.

Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Heranziehung der pauschalen gesetzlichen Zinsregelung gem. § 288 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB als Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Verzinsung.

Bei der von der Klägerin zum Gegenstand ihres Feststellungsantrags gemachten Verzugszinsforderung ist die sich aus § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ergebende gesetzliche Verzinsung der im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens festgesetzten Kosten ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags von vorneherein ausgeklammert. Die Klägerin begehrt allein die Feststellung einer Verzinsungspflicht der Beklagten im Hinblick auf die von ihr im Laufe des Prozesses bezahlten Gerichtskosten (Gebühren, Vorschüsse u. Auslagen) ab dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zu dem für die Verzinsung gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote.

Zwar ist ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben einem prozessualen nicht von vorneherein ausgeschlossen (vgl. BGHZ 45, 251, 256 f.; BGHZ 52, 393, 396; BGH NJW 2007, 1458), doch erfordert ein Antrag auf dieser Grundlage, dass die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage für Kostenerstattung (z.B. aus Vertrag, Verzug, § 311 BGB, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt) erfüllt sind. Hinsichtlich des Feststellungsantrags der Klägerin bedarf mithin neben dem Nachweis einer Verzugslage auch der eingetretene Schaden besonderer Darlegung.

Schadensbegründend ist vorliegend nicht die Unterlassung der rechtzeitigen Zahlung einer Geldforderung durch den Schuldner, deren Geldwert damit dem Gläubiger nicht zu...

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