Leitsatz (amtlich)

1. Die Verzinsung der vom Kläger gezahlten Gerichtskosten kann für die Zeit vor dem Eingang des Festsetzungsantrags (vgl. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) gegebenenfalls auf materiell-rechtlicher Grundlage (z.B. aus Verzug) verlangt werden.

2. Auch wenn sich der Beklagte mit der Zahlung der eingeklagten Hauptforderung in Verzug befindet, kann ein solcher Zinsanspruch nicht pauschal auf § 288 Abs. 1 BGB gestützt werden, vielmehr bedarf es der konkreten Darlegung eines weiteren Schadens im Sinne von § 288 Abs. 4 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Entscheidung vom 30.03.2011; Aktenzeichen 13 O 111/06 KfH I)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30.03.2011 - 13 O 111/06 KfH I - geändert und wie folgt neu gefasst:

    • 1.

      Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 43.500,- EUR seit 27.08.2005 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 20,- EUR und nicht anrechnungsfähige Gebühren in Höhe von 653,10 EUR zu zahlen.

    • 2.

      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    • 3.

      Die Beklagte hat die Kosten des ersten Rechtszugs zu tragen.

  • II.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens sind von der Beklagten zu 9/10, von der Klägerin zu 1/10 zu tragen.

  • IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Den Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit in Höhe von 120% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • V.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten nach Anerkenntnis durch die Beklagte in der Hauptsache nur noch um Nebenforderungen und Kostentragung.

Die Klägerin betreibt ein Spezialtiefbauunternehmen mit Schwerpunkt auf der Pfahlgründung. Die Beklagte baute in Bad S ein Parkhaus. Im Rahmen dieses Bauvorhabens beauftragte sie die Klägerin mit der Ausführung der Pfahlgründung. Zwischen den Parteien wurde mit Angebot der Klägerin vom 03.02.2005 und Auftrag der Beklagten vom 15.02.2005 ein Pauschalpreisvertrag geschlossen, nach welchem die Klägerin die Pfahlgründungsarbeiten zu einem Pauschalpreis von brutto 46.400,- EUR ausführen sollte. Die Geltung der VOB/B und C in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung wurde vereinbart.

Ausweislich Nr. 3 des Verhandlungsprotokolls vom 14.02.2005 zählte zu den für die Abwicklung des Vertrages maßgeblichen Vertragsgrundlagen u.a. "das Bodengutachten des Büros W".

Dort heißt es "Gründung des Bauwerks" (9.1):

"Nach einer ersten überschlägigen Berechnung genügt die Anordnung eines Pfahls Durchmesser 90 cm pro Fundament, der nach einer ersten überschlägigen Berechnung eine Mindesteinbindung von 1,5 m in den mürben Tonstein aufweisen muss."

Die Klägerin rechnete die erbrachte Leistung unter Einbeziehung zweier Nachträge mit Schlussrechnung vom 31.05.2005 gegenüber der Beklagten mit einem Nettobetrag von 57.002,00 EUR ab, wobei sich die Parteien bei Nachverhandlungen auf eine Vergütung in Höhe von 43.500,- EUR einigten.

Mit Schreiben vom 07.06.2005 (K 8) verweigerte die Beklagte die Abnahme aufgrund "der vorliegenden Mängel" und nahm Bezug auf ein Schreiben des Bodengutachters Dr. W vom 09.05.2005, in welchem dieser nach Probebelastungen an zwei Bauwerkspfählen ausführte, der Bemessungswert des Pfahlwiderstandes sei geringer als der Bemessungswert der Einwirkung, weshalb die erforderliche Sicherheit nicht nachgewiesen werden könne.

Die Klägerin hat am 02.08.2006 vor dem Landgericht Klage über Werklohn in Höhe von 43.500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.08.2005 und Nebenkosten erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie im wesentlichen vorgetragen, sie habe die Bohrpfahlgründung mangelfrei und den Regeln der Technik entsprechend im Rahmen des vereinbarten Systems Fundex erbracht. Die Beklagte verkenne, dass bei Erstellung des Bodengutachtens Dr. W noch die Vollausbohrung, also ein anderes Bohrverfahren vorgesehen gewesen sei. Allein für dieses System seien die Darstellungen des Bodengutachters von Bedeutung. Mit der beauftragten und ausgeführten Gründung habe sich der Gutachter gar nicht befasst. Die Klägerin habe die Pfahltragfähigkeit nach den anerkannten Regeln der Technik nachgewiesen. Mängel seien nicht vorhanden. Die Beklagte habe die Zahlung zu Unrecht verweigert.

Mit Klageerweiterung vom 18.08.2010 (I 687) hat die Klägerin ferner die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung bis zur Einreichung des Kostenfestsetzungsantrags als materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu bezahlen.

Die Beklagte hat zunächst Klagabweisung beantragt und ist der Klage mit der Behauptung entgegengetreten, die Werkleistun...

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