GKG § 66

Leitsatz

Das Erinnerungsrecht gegen den Kostenansatz der Staatskasse kann verwirken.

LG Aurich, Beschl. v. 3.1.2013 – 11 KLs I 26/80

1 Sachverhalt

Der Verurteilte ist durch die Wirtschaftsstrafkammer des hiesigen LG am 8.5.1981 u.a. wegen Betruges verurteilt worden. Die in diesem Verfahren angefallenen Gerichtskosten i.H.v. 155.374,00 DM sind gegen den Verurteilten durch Kostenrechnung vom 7.12.1984 festgesetzt worden. Diese Kostenrechnung ist seinem damaligen Verteidiger am 14.12.1984 zugegangen. Der Angeklagte hat seitdem Ratenzahlungen geleistet, so dass sich der offene Forderungsbetrag per 3.7.2012 noch auf 71.293,06 EUR beläuft. Zudem besteht weiterhin eine Vereinbarung mit der OFD Niedersachsen als zentrale Vollstreckungsstelle über eine Raten-zahlung in Höhe von 50,00 EUR. Mit Schriftsatz vom 6.9.2012 meldete sich der Rechtsbeistand des Verurteilten erstmals zur Akte und bat um genauere Aufschlüsselung insbesondere der seinerzeit in Ansatz gebrachten Auslagen für Sachverständige in Höhe von 144.696,00 DM. Schließlich beantragte der Rechtsbeistand mit Schriftsatz vom 16.10.2012 u.a., die Kostenrechnung vom. 7.12.1984 der Gerichtskasse Oldenburg über 155.374,00 DM zurückzunehmen.

Diese Eingabe ist als unzulässig zurückgewiesen worden.

2 Aus den Gründen

Letztgenannte Eingabe ist – mangels anderweitiger Rechtsbehelfsmöglichkeiten – als Erinnerung gegen den Kostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG auszulegen.

Diese Erinnerung ist jedoch bereits unzulässig.

Das Erinnerungsrecht des Rechtsbeistandes bzw. des Verurteilten ist verwirkt. Die Verwirkung stellt einen auch von Amts wegen zu berücksichtigenden Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung dar, dem auch prozessuale Befugnisse wie Ansprüche auf Kostenerstattung etc. unterliegen können (vgl. OLG Frankfurt MDR 1974, 240; OLG Oldenburg NStZ 2006, 411; ferner Hartmann, KostG, 42, § 66 GKG Rn 15). Zwar ist die Erinnerung gem. § 66 GKG grundsätzlich an keine Frist gebunden. Gleichwohl ist ein prozessuales Recht – wie hier – bereits dann verwirkt, wenn der Berechtigte es lange Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte (sog. Umstandsmoment), dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (OLG Oldenburg NStZ 2006, 406 m.w.N.).

Dies ist hier der Fall.

Dem Verurteilten lag über seinen damaligen Verteidiger bereits am 14.12.1984 die streitgegenständliche Kostenrechnung vor. Daraufhin hat der Verurteilte bislang auch anstandslos Ratenzahlungen geleistet und noch im Juli dieses Jahres eine Ra-tenzahlung in Höhe von monatlich 50,00 EUR bewilligt bekommen. Vor diesem Hintergrund war es dem Verurteilten nicht nur möglich, bereits zeitnah gegen die von ihm für unrichtig gehaltenen Auslagen für den Sachverständigen vorzugehen. Vielmehr hat er durch sein bisheriges Zahlungsverhalten gegenüber der Staatskasse den Eindruck erweckt, den in der Kostenrechnung aufgeführten Betrag weiterhin ohne Einwendungen zahlen zu wollen. Angesichts dessen stellt die nunmehr mit einer Verzögerung von fast 28 Jahren erhobene Kostenerinnerung eine unzulässige Rechtsausübung dar, so dass es eines weiteren Eingehens auf die inhaltlichen Einwendungen gegen die Kostenrechnung nicht mehr bedarf.

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