Nach wie vor in Nr. 1004 VV nicht erwähnt sind die erstinstanzlichen Verfahren vor dem Finanzgericht. Zwar erhält der Anwalt dort in Teil 3 VV die höheren Gebühren eines Berufungsverfahrens (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV), also nach den Nrn. 3200 ff. VV; eine höhere Einigungsgebühr ist jedoch im Gesetz nicht vorgesehen. Die Höhe der Gebühr beläuft sich dem Wortlaut daher gem. Nr. 1003 VV auf 1,0.

Zum Teil wurde allerdings vertreten, dass die erhöhte Gebühr nach Nr. 1004 VV gelte.[15] Zwar handele es sich um ein erstinstanzliches Verfahren. Es sei jedoch nicht einzusehen, dass sich Verfahrens-, und Terminsgebühren gem. Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 VV nach den erhöhten Gebühren für die Berufung bemessen (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV), die Einigungs- und Erledigungsgebühr sich dagegen nach den einfachen Beträgen der ersten Instanz richten soll.[16] Diese Auffassung ist jedoch nicht mehr haltbar. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieses Problems die Nr. 1004 VV bereits bei der ersten Änderung der Vorschrift durch das FGG-ReformG ausdrücklich nur die Einigung in den Beschwerde- und Rechtsbeschwerden nach Vorbem. 3.2.1, 3.2.2 VV aufgewertet. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr in finanzgerichtlichen Verfahren hat er bewusst außen vor gelassen. Hier erschien ihm die Besserstellung bei der Verfahrensgebühr ausreichend. Nachdem er auch jetzt bei der zweiten Änderung dieser Vorschrift die finanzgerichtlichen Verfahren nicht erwähnt hat, kann eine Gesetzeslücke daher nicht mehr angenommen werden.[17]

 

Beispiel 4: Erledigung im finanzgerichtlichen Verfahren

Der Anwalt wird nach Erlass des Einspruchsbescheides gegen eine Steuerforderung über 8.000,00 EUR mit der Anfechtungsklage beauftragt. In der mündlichen Verhandlung kommt es zu einer Erledigung i.S.d. Nr. 1002 VV.

Obwohl der Anwalt nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV die Gebühren eines Berufungsverfahrens verdient, erhält er nur eine 1,0-Erledigungsgebühr.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Vorbem. 3.2.1 Nr. 1,    
  Nr. 3200 VV    
  (Wert: 8.000,00 EUR)   721,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV    
  (Wert: 8.000,00 EUR)   541,20 EUR
3. 1,0-Erledigungsgebühr, Nrn. 1002, 1003 VV    
  (Wert: 8.000,00 EUR)   451,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.733,80 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   329,42 EUR
Gesamt   2.063,22 EUR
[15] FG Baden-Württemberg AGS 2007, 349 = JurBüro 2007, 198; FG Rheinland-Pfalz AGS 2008, 181 = EFG 2008, 409 = StE 2008, 74 = NJW-Spezial 2008, 157 = RVGreport 2008, 105; Kompaktkommentar/Bischof, Nr. 1004 Rn 4, 5; Meyer/Kroiß, Nr. 1004 Rn 6; RMOLK-RVG/Baumgärtel, Nr. 1004 Rn 2; N. Schneider, AnwBl 2005, 202; Hansens/Braun/Schneider, Teil 6 Rn 37; Teil 14 Rn 22; Hartmann, KostG, RVG Nr. 1004 Rn 3; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 1002 Rn 54 im Hinblick auf die eingefügte Anm., die nach ihrem Wortlaut nur Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren betrifft.
[16] Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 1004 VV Rn 6; Schneider, AnwBl 2005, 202.
[17] FG Köln EFG 2011, 1832 = StE 2011, 603.

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