Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG in der ab dem 1.8.2013 geltenden Fassung ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist. Nach § 60 Abs. 1 S. 2 der Vorschrift ist, wenn der Rechtsanwalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bereits tätig ist, die Vergütung für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, nach neuem Recht zu berechnen.

Maßgeblich für das vorliegende Erinnerungsverfahren ist allein die Frage, ob der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und Erinnerungsführer, der im Zeitpunkt der Gesetzesänderung unstreitig bereits in Angelegenheiten des Beklagten tätig war, nach diesem Zeitpunkt ein (rechtlich selbstständig zu wertendes) Rechtsmittel eingelegt hat, so dass nach § 60 Abs. 1 S. 2 RVG neues Recht Anwendung findet.

Dies ist vorliegend zu verneinen. Zutreffend hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in seinem Beschluss zunächst auf § 16 Nr. 11 RVG hingewiesen. Danach handelt es sich bei einem Rechtsmittelverfahren und dem vorhergehenden Verfahren über die Zulassung des Rechtsmittels um dieselbe Angelegenheit, während es sich bei einem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels um eine andere Angelegenheit handelt als das Rechtsmittelverfahren selbst. Grund für diese Unterscheidung ist, dass – wie hier – auf den erfolgreichen Antrag die Berufung zuzulassen, die Zulassung erfolgt und das Verfahren dann automatisch in das Berufungsverfahren übergegangen ist, ohne dass es (erneut) einer Einleitung bedurfte (vgl. § 124a Abs. 5 S. 5 VwGO). Vielmehr geht der Gesetzgeber in diesen Fällen davon aus, dass, wenn jemand den Antrag auf Zulassung der Berufung stellt, er im Erfolgsfall auch das Berufungsverfahren führen will.

Hiervon zu unterscheiden ist etwa der Fall, dass das VG die Berufung zugelassen hat. Denn gemäß § 124a Abs. 2 S. 1 VwGO ist die Berufung, also das Rechtsmittel, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen.

Selbiges gilt etwa auch bei einer mit Erfolg eingelegten Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels, also im Falle dessen Zulassung; erst dann ist das (rechtlich selbstständigen) Rechtsmittel einzulegen (vgl. etwa FG Münster, Beschl. v. 17.9.2015 – 10 Ko 2261/15 KFB, juris [= AGS 2015, 570]).

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten und Erinnerungsführers kommt es nicht darauf an, dass nach Zulassung der Berufung eine (fristgerechte) Begründung dieser erforderlich ist, denn mit dieser wird das Berufungsverfahren nicht eingeleitet, sondern fortgesetzt, wie § 124a Abs. 5 S. 5 VwGO ausdrücklich bestimmt. Das bedeutet jedoch, dass das Rechtsmittelverfahren allein durch den Antrag auf Zulassung der Berufung eingeleitet wird, so dass auch nur dieser Zeitpunkt für die Anwendung der Stichtagsregelung entscheidend sein kann (vgl. VG Dresden, Beschl. v. 23.5.2016 – 2 O 16/16, juris [= AGS 2016, 518]).

AGS 3/2017, S. 118

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