Leitsatz

  1. Die Neuregelung des § 288 Abs. 5 BGB findet auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung.
  2. Eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht ist nicht aufgrund der Wertung des § 12a ArbGG geboten. Es fehlt an einer für eine Analogie zu § 12a ArbGG erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
  3. Die systematische Einordnung des § 288 Abs. 5 S. 1 BGB im Zusammenhang mit den – unzweifelhaft auch auf Arbeitsentgeltansprüche anwendbaren – gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins sowie dem weitergehenden Verzugsschaden gebietet eine Anwendung auch auf Arbeitsentgeltansprüche.
  4. Gleiches gilt für den Zweck der Vorschrift des § 288 Abs. 5 S. 1 BGB, den Druck auf potentiell säumige Schuldner zu erhöhen, ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich und vollständig nachzukommen. Diese Zweckrichtung besteht gerade auch bei Arbeitsentgeltansprüchen.
  5. Die Ausnahmevorschrift des § 288 Abs. 5 S. 3 BGB betrifft nur den – bei Arbeitsentgeltforderungen nicht bestehenden – außergerichtlichen Kostenerstattungsanspruch für Rechtsverfolgungskosten, nicht aber einen – nach dem Arbeitsgerichtsgesetz im zweitinstanzlichen Berufungsverfahren bestehenden – prozessualen Kostenerstattungsanspruch.

LAG Köln, Urt. v. 22.11.2016 – 12 Sa 524/16

1 Sachverhalt

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Ansprüche auf Branchenzuschläge und Pauschal-Schadensersatz nach § 288 Abs. 5 BGB.

Nachdem die Beklagte bis einschließlich Mai 2015 den vereinbarten Stundenlohn korrekt an den Kläger ausgezahlt hatte, zahlte sie für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses (Juni 2015) ohne Angabe von Gründen nur einen Stundenlohn von 8,50 EUR statt 8,80 EUR aus, so dass sich für diesen Monat eine Vergütungsdifferenz i.H.v. insgesamt 49,26 EUR brutto ergab.

Darüber hinaus zahlte die Beklagte an den Kläger Branchenzuschläge, deren Höhe bis einschließlich März 2015 unstreitig war.

Eine Urlaubsabgeltung zahlte die Beklagte an den Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zunächst nicht aus, ebenso erteilte sie zunächst kein Arbeitszeugnis.

Der Kläger hat daraufhin am 4.8.2015 beim ArbG die vorliegende Klage erhoben. Mit ihr hat er zunächst die Erteilung eines Arbeitszeugnisses sowie die Zahlung einer Urlaubsabgeltung i.H.v. 633,60 EUR brutto sowie der Vergütungsdifferenz aufgrund der Stundenlohnkürzung im Juni 2015 i.H.v. 49,26 EUR verlangt. Darüber hinaus hat der Kläger die Zahlung weitergehender Branchenzuschläge begehrt. Er hat hierbei die Ansicht vertreten, ihm stünde für die Zeit ab April weitere Zuschläge zu. Darüber hinaus hat er für diese drei Monate auch jeweils einen Pauschal-Schadenersatz i.H.v. 40,00 EUR pro Monat nach § 288 Abs. 5 BGB begehrt, mit der Begründung, dass die Beklagte für alle drei Monate mit der geschuldeten Zahlung in Verzug geraten sei.

Das ArbG hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat dem Antrag auf Zeugniserteilung und darüber hinaus dem Zahlungsantrag hinsichtlich der Urlaubsabgeltung vollumfänglich stattgegeben. Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Zahlung der Entgeltdifferenz Juni 2015 i.H.v. 49,26 EUR brutto verurteilt. Abgewiesen hat das ArbG demgegenüber die Klage hinsichtlich der begehrten Branchenzuschläge sowie des Pauschal-Schadenersatzes.

Bezüglich des Pauschal-Schadensersatzes nach § 288 Abs. 5 BGB n.F. hat das ArbG die Ansicht vertreten, in Anbetracht der Wertung des § 12a ArbGG fände die Neuregelung des § 288 Abs. 5 BGB aufgrund der arbeitsrechtlichen Besonderheiten auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche keine Anwendung.

Gegen das Urteil des ArbG hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist insbesondere der Ansicht, ihm stünde auch der Pauschal-Schadensersatz nach § 288 Abs. 5 BGB zu. Überzeugende Gründe für eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht seien insofern nicht ersichtlich.

2 Aus den Gründen

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Sie hatte Erfolg, soweit der Kläger mit der Berufung den Pauschal-Schadenersatz nach § 288 Abs. 5 BGB einmalig im Hinblick auf den Zahlungsverzug der Beklagten für Juni 2015 begehrt. Denn insoweit hat das ArbG zu Unrecht die Klage abgewiesen. Im Übrigen hatte die Berufung keinen Erfolg, da das ArbG insoweit zu Recht die Klage teilweise abgewiesen hat.

Im Einzelnen:

I. Der Kläger hat keinen noch nicht erfüllten Anspruch auf Zahlung weiterer Branchenzuschläge für die streitgegenständlichen Monate April, Mai und Juni 2015. Insoweit hat das ArbG die Klage im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. … (wird ausgeführt) …

II. Der mit der Berufung geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Pauschal-Schadensersatz nach § 288 Abs. 5 BGB n.F. war vorliegend teilweise gegeben. Insofern war abweichend von der Entscheidung des ArbG der Klage teilweise – i.H.v. einmalig 40,00 EUR nebst Zinsen betreffend den Zahlungsverzug der Beklagten für Juni 2015 – stattzugeben. Insofern hatte die Berufung des Klägers Erfolg. Demgegenüber war die Berufung auch hinsichtlich des weitergehend begehrten Pauschal-Schadensersatzes für die Monate April und Mai 2015 zurückzuweisen, da es insofern bereits am Zahlungsverzug der ...

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