Leitsatz

Eine Besprechung mit dem Richter außerhalb anberaumter Gerichtstermine lässt nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV keine Terminsgebühr entstehen.

FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 4.12.2014 – 8 KO 2155/14

1 Sachverhalt

Mit ihrer beim FG eingegangenen Klage ließ die Erinnerungsführerin durch ihren Prozessbevollmächtigten beantragen, die Erinnerungsgegnerin zu verpflichten, für die beiden Kinder Kindergeld zu gewähren.

Daraufhin hob die Erinnerungsgegnerin die Einspruchsentscheidung auf.

Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin vertrat die Auffassung, eine Erledigung des Rechtsstreits sei dadurch nicht eingetreten. Nach einem Telefonat mit dem zuständigen Berichterstatter erklärte der Prozessbevollmächtigte dann doch den Rechtsstreit für erledigt. Dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten lag zwar nicht wie angegeben, ein Gesprächsprotokoll bei. Der Richter am FG hat jedoch dem Berichterstatter des Erinnerungsverfahrens bestätigt, dass das Telefonat stattgefunden hat.

Anschließend erklärte auch die Erinnerungsgegnerin den Rechtsstreit für erledigt. Noch am selben Tag erging durch den Berichterstatter ein Erledigungsbeschluss, mit dem der Erinnerungsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden.

Die Erinnerungsführerin beantragte daraufhin die Kostenfestsetzung. Geltend gemacht wurde u.a. eine 1,2-Terminsgebühr. Letztere rechtfertigte sie damit, erst nach einer telefonischen Rücksprache ihres Prozessbevollmächtigten mit dem Berichterstatter sei von ihr der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden. Für den Anfall einer Terminsgebühr genüge jedoch ein Telefonat des Verfahrensbeteiligten mit dem Gericht.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat keine Terminsgebühr angesetzt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, um dem Gesetzeszweck gerecht zu werden, sei es notwendig, dass die Verfahrensbeteiligten selbst miteinander in einen Kommunikationsaustausch träten. Einseitige Besprechungen mit dem Gericht reichten nicht aus.

Die Erinnerungsführerin legte dagegen Erinnerung ein, mit der sie u.a. ergänzend vortragen lässt, der Urkundsbeamte verkenne die Motive, die den Gesetzgeber im 2. KostRMoG zur Änderung der Anm. zu Nr. 3104 VV veranlasst hätten. Mit der fiktiven Terminsgebühr habe dieser verhindern wollen, dass der Rechtsanwalt nur deshalb eine mündliche Verhandlung erzwinge, weil er sonst der Terminsgebühr verlustig ginge. Ohne die telefonische Rücksprache mit dem Berichterstatter wäre jedoch eine mündliche Verhandlung unvermeidbar gewesen.

Die Erinnerung, der der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hat, hat das Gericht zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen

Eine Terminsgebühr ist nicht zu erstatten.

Nach Nr. 3202 VV kann im Verfahren vor dem FG eine Terminsgebühr in Höhe von 1,2 entstehen. Gem. der durch Art. 8 Abs. 2 Nr. 26 lit. b) des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) v. 23.7.2013 (BGBl I, S. 2586, 2694) mit Wirkung zum 1.8.2013 neu gefassten Vorbem. 3 Abs. 3 VV, die als allgemeine Vorschrift auch für die Terminsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, fällt die Terminsgebühr u.a. durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten außergerichtlichen Besprechung an.

Die Vorbem. 3 Abs. 3 VV hat nunmehr folgenden Wortlaut:

"Die Terminsgebühr entsteht sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Sie entsteht jedoch nicht für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins nur zur Verkündung einer Entscheidung. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für"

1. die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und

2. die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.“

Nach der bisherigen Fassung der Vorbem. 3 Abs. 3, Alt. 3 VV fiel die Terminsgebühr durch die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts an. Durch die Einfügung des Wortes "außergerichtlich" hat der Gesetzgeber nunmehr – ohne dies allerdings in der Gesetzesbegründung auszuführen (BT-Drucks 17/11471, S. 274, 275) – eindeutig geregelt, dass Besprechungen mit dem Richter außerhalb anberaumter Gerichtstermine keine Terminsgebühr entstehen lassen. Dies gilt insbesondere – wie im vorliegenden Streitfall – für Telefonate nur einer Prozesspartei mit dem Berichterstatter, ohne die Gegenpartei zumindest mittelbar einzubeziehen und entspricht schon bisher der h.M. in Lit. und Rspr. (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2009 – OVG 1 K 72.08; Thüringer FG, Beschl. v. 16.5.2011 – 4 Ko 772/10, EFG 2011, 1549; LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2011 – 17 Ta (Kost) 6068/11 [= AGS 2012, 15]; FG Münster, Beschl. v. 10.9.2012 – 4 Ko 2422/12, EFG 2012, 2239; FG Köln, Beschl. v. 2.9.2013 – 10 Ko 2594/13, EFG 2013, 2042; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 3.2.2014 – 6 E 1209/...

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