Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG zulässige Beschwerde der Bezirksrevisorin hat in der Sache keinen Erfolg. Das FamG hat zu Recht eine Einigungsgebühr festgesetzt.

Gem. Nr. 1000 VV entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Das RVG ersetzt insoweit mit Nr. 1000 VV den bis dahin gültigen § 23 BRAGO.

Voraussetzung für die Entstehung der Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV ist "die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht". Der Abschluss eines Prozessvergleiches wird angesichts der beiden Formulierungen ebenso wenig gefordert wie ein gegenseitiges Nachgeben.

a) Die Voraussetzung eines Vertragsschlusses ist vorliegend erfüllt. Das OLG Oldenburg hat in seiner Entscheidung vom 6.4.2011 (FamFR 2011, 250) zutreffend darauf hingewiesen, dass sich eine Vereinbarung der Beteiligten im Versorgungsausgleich nach neuem Recht nicht auf einen bloßen Verzicht beschränke. Mit der Aufgabe des Prinzips des Einmalausgleichs sei jedes Anrecht einzeln auszugleichen, so dass in Bezug auf jede einzelne Anwartschaft des einen Ehegatten der andere Ehegatte ausgleichsberechtigt sei. Schlössen die Ehegatten durch Vereinbarung den Versorgungsausgleich aus, führe das notwendigerweise zu einem wechselseitigen, je nach Anzahl der Anrechte auch mehrfachen Verzicht beider Ehegatten. Die von den Beteiligten getroffene Vereinbarung stellt mithin nicht lediglich einen einseitigen Verzicht dar.

b) Auch die weitere Voraussetzung, dass nämlich "durch den Vertrag der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird", ist vorliegend erfüllt. Dem steht nicht entgegen, dass das AG Auskünfte über die Höhe der von den Beteiligten erwirtschafteten Versorgungsanrechte eingeholt hatte und mithin sowohl die Ausgleichsrichtung als auch die jeweilige Person des Ausgleichsverpflichteten feststanden. Die Bezirksrevisorin beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe v. 28.8.2009 (FamRZ 2009, 2111 [= AGS 2010, 15]). Steht zum Zeitpunkt des Abschlusses einer gerichtlichen Vereinbarung nach § 1587o BGB, mit der die Parteien wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten, die Person des Ausgleichsberechtigten noch nicht fest, weil die Auskünfte der Versorgungsträger noch nicht vorliegen, fällt nach dieser Entscheidung des OLG Karlsruhe eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV an. Der Umkehrschluss der Bezirksrevisorin am LG, dass immer dann, wenn die Anwartschaften der Beteiligten geklärt sind, keine Einigungsgebühr entsteht, ist indessen nicht zwingend. Auch dann, wenn die Auskünfte der Versorgungsträger vorliegen, kann ein Streit über die Durchführung des Versorgungsausgleichs entstehen. Die Antragstellerin hatte bereits im Scheidungsantrag vorgetragen, dass eine sogenannte phasenverschobene Ehe geführt worden sei. Sie hat sich mithin darauf berufen, dass im vorliegenden Fall ein Versorgungsausgleich nach § 27 VersAusglG ausnahmsweise nicht stattzufinden habe, da er grob unbillig sei. Durch die Vereinbarung des Verzichts vom 4.2.2011 haben die Beteiligten insoweit eine bestehende rechtliche Unsicherheit beseitigt (vgl. auch die Entscheidungen OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 910 [= AGS 2008, 445] sowie OLG Nürnberg NJW 2007, 1071 [= AGS 2007, 134] zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB).

Der Hinweis der Bezirksrevisorin, dass sich die Beteiligten bereits vor Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens auf einen wechselseitigen Verzicht verständigt haben, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Grundsätzlich muss allerdings der Streit oder die Ungewissheit zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch fortdauern und darf nicht zwischenzeitlich behoben worden sein (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV 1000 Rn 110). Soweit sich die Beteiligten bereits vor Anhängigkeit des Scheidungsantrags auf einen Verzicht verständigt hatten, war die genannte Vereinbarung jedoch formunwirksam. Eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung geschlossen wird, bedarf nach § 7 VersAusglG der notariellen Beurkundung. Nach § 7 Abs. 2 VersAusglG gilt die Vorschrift des § 127a BGB entsprechend. Solange die Vereinbarung der Beteiligten nicht notariell beurkundet bzw. in einem gerichtlichen Vergleich protokolliert worden war, war sie für den Antragsgegner nicht bindend. Die Ungewissheit der Antragstellerin bestand mithin darin, ob der Antragsgegner an der getroffenen formunwirksamen Vereinbarung festhält. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ...

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