WEG §§ 23 Abs. 3, 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6, 43 Nr. 2, 5

Leitsatz

  1. Soweit ein Verwalter eine über § 27 Abs. 3 Nr. 6 WEG i.V.m. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG hinausgehende Vergütungsvereinbarung treffen will, insbesondere wenn ein Stundenhonorar vereinbart werden soll, bedarf es hierfür keiner allgemeinen, sondern einer ausdrücklichen Ermächtigung durch Vereinbarung oder Beschluss.
  2. Wird der Verwalter durch Beschluss zu einer Vergütungsvereinbarung ermächtigt, entspricht dieser Beschluss nur bei Vorliegen besonderer Gründe (wie z.B. bei einer besonderen fachlichen Qualifikation des Rechtsanwalts, einem besonderen Vertrauensverhältnis der Eigentümer zum Rechtsanwalt oder einer bereits erfolgten Beauftragung in selbiger Sache) ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Beschluss genügt diesem Erfordernis nicht, wenn in diesem lediglich enthalten ist, dass der Verwalter beauftragt und ermächtigt wird, einer Rechtsanwaltskanzlei Vollmacht zu erteilen und mit dieser eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen.

LG München I, Urt. v. 2.8.2017 – 1 S 15254/16 WEG

1 Sachverhalt

Der Kläger und die Beklagten sind die Mitglieder einer WEG. Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den in der Eigentümerversammlung vom 15.12.2015 gefassten Beschluss zu TOP 1c), der mit "Vergemeinschaftung der Unterlassungsansprüche wegen zweckbestimmungswidriger Nutzung der Einheit 25 sowie Verstöße gegen die Hausordnung (Ruhestörungen in der Einheit und den Außenflächen entgegen der festgelegten Ruhezeiten); Klagebeschluss" überschrieben ist und mit dem die Eigentümer folgenden Antrag mehrheitlich angenommen haben:

 
Hinweis

"Die Gemeinschaft zieht alle Nutzungsunterlassungsansprüche ihrer Mitglieder gegen den Eigentümer der Einheit Nr. 25 (Laden mit WC) und deren Nießbraucher und Pächter wegen der Nutzung als Gaststätte bzw. Bar "an sich" und macht die Anspruchsverfolgung zur gemeinsamen Sache. Die Verwalterin wird beauftragt und ermächtigt, außergerichtlich und gerichtlich Nutzungsunterlassungsansprüche gegen den Eigentümer, die Nießbrauchberechtigten und den Pächter geltend zu machen, hierzu einer Rechtsanwaltskanzlei (Prozess-)Vollmacht zu erteilen und mit dieser eine Vergütungsvereinbarung (260,00 EUR netto/Stunde zzgl. Umsatzsteuer; mindestens RVG in gerichtlichen Auseinandersetzungen) abzuschließen. Im Außenverhältnis ist die Befugnis der Verwalterin unbeschränkt, im Innenverhältnis hat sie für die Art und Weise der Vorgehensweise die Zustimmung der Mehrheit der amtierenden Mitglieder des Verwaltungsbeirates einzuholen. Der Verwalter muss den Beschluss nicht vollziehen, wenn ihm bis zum 31.1.2016 eine verbindliche Bestätigung des Eigentümers, der Nießbrauchberechtigten und des Pächters vorliegt, dass die Einheit Nr. 25 ab dem 1.7.2017 nicht mehr als Gaststätte und/oder Bar genutzt wird. Bei einem Verstoß müssen sich der Eigentümer, die Nießbrauchberechtigten und der Pächter gesamtschuldnerisch verpflichten, je angefangenen Monat ab dem 1.7.2017 5.000,00 EUR an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen. Weitergehende Ansprüche bleiben hiervon unberührt".

Das AG hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

3. Der in der Eigentümerversammlung vom 15.12.2015 zu TOP 1c) gefasste Beschluss ist fehlerhaft, da es im konkreten Fall nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach, den Verwalter zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt über 260,00 EUR netto/Stunde zuzüglich Umsatzsteuer, mindestens RVG in gerichtlichen Auseinandersetzungen zu ermächtigen. Dies hat die Klagepartei zumindest im Kern auch rechtzeitig innerhalb der zweimonatigen Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG zur Begründung der Anfechtungsklage gerügt.

Zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft und zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes ist der Verwalter nicht kraft Gesetzes berechtigt. Vielmehr bedarf er hierfür einer Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn 272 zu § 27 WEG). Diese kann gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG durch Vereinbarung oder Beschluss erfolgen. Dabei umfasst ein Beschluss, der den Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. im Namen der Eigentümergemeinschaft ermächtigt, regelmäßig auch die Ermächtigung, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung zu beauftragen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn 274 zu § 27 WEG; BGH, Beschl. v. 6.5.1993 – V ZB 9/92, juris Rn 13). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Wohnungseigentümer die Auswahl, welcher Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Verfolgung beauftragt werden soll, grundsätzlich nicht selbst treffen müssen, sondern dies auf den Verwalter delegieren können. Der Verwalter darf in diesem Fall mit dem Rechtsanwalt gem. § 27 Abs. 3 Nr. 6 WEG wegen eines Rechtsstreites gem. § 43 Nr. 2 oder Nr. 5 WEG auch eine Vereinbarung i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG über die Höhe d...

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