Die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der diese eine Herabsetzung des vom LG auf bis 110.000,00 EUR festgesetzten Streitwerts auf 9.000,00 EUR begehrt, ist gem. den §§ 68 Abs. 1 GKG, 567 ff. ZPO zulässig und hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die eigenen Namens eingelegte, gem. §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG, 567 ff. ZPO ebenfalls zulässige Beschwerde der Klägervertreter ist dagegen nicht begründet.

1. Gem. § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gem. § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist dabei nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschl. v. 1.6.1976 – VI ZR 154/75; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 12. Aufl., § 3 Rn 6). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 unter "Feststellungsklage"). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 6120 f.).

2. Vorliegend begehren die Kläger die Feststellung, dass sich die vier streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensverträge über einen Gesamtbetrag von netto 180.700,00 EUR aufgrund des erklärten Widerrufs jeweils in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis nach §§ 346 ff. BGB umgewandelt haben. Die Frage, wie der Streitwert für ein solches Klagebegehren zu bestimmen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt und in der Instanzrechtsprechung umstritten.

a) Die Rspr. des BGH zur Streitwertbemessung in Fällen der Rückabwicklung von Darlehensverträgen zur Finanzierung von Kapitalbeteiligungen, nach der sich der Gesamtstreitwert nach der Höhe des Nettodarlehensbetrags richtet, wenn der Kläger wirtschaftlich betrachtet begehrt, so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht getätigt (vgl. BGH, Beschl. v. 10.3.2015 – XI ZR 121/14), ist in Fällen des Widerrufs – lediglich – eines Verbraucherdarlehens nicht anwendbar (OLG Koblenz, Beschl. v. 3.9.2015 – 8 W 528/15). Denn auf eine vergleichbare Gesamtrückabwicklung wie in den Fällen der Rückabwicklung von Darlehensverträgen zur Finanzierung von Kapitalbeteiligungen zielt die hier im Streit stehende Feststellungsklage nicht ab. Liegt kein verbundenes Geschäft vor, dann ist der Darlehensnehmer im Rahmen des durch einen Widerruf entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnisses – wenn auch in abgeändertem Zeitrahmen – nicht anders zur Rückzahlung der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten verpflichtet, als im Fall des Fortbestehens des Darlehensvertrages (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2015 – 6 W 25/15).

b) Der Widerrufsfall ist auch nicht mit derjenigen Fallgestaltung zu vergleichen, die dem Beschluss des BGH v. 25.2.1997 (XI ZB 3/97) zugrunde lag. In der dortigen Konstellation, in der der Darlehensnehmer mittels seiner Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Darlehenskündigung die sofortige Rückzahlungspflicht der noch offenen Darlehensvaluta abwenden wollte, hat der BGH für den Streitwert auf den – fiktiven – umgekehrten Zahlungsantrag des Darlehensgebers und damit die Höhe der noch offenen Darlehensvaluta abgestellt. Der Fall des Darlehenswiderrufs ist hiermit nicht vergleichbar, denn nach Widerruf schuldet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gem. § 346 Abs. 1 Hs. 1 BGB die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gem. § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta (vgl. zuletzt: BGH, Beschl. v. 22.9.2015 – XI ZR 116/15). Diese Rechtsfolgen nimmt der Darlehensnehmer mit seinem Widerruf allerdings bewusst in Kauf. Der Darlehensnehmer ist bereit, die Darlehensvaluta sofort zurückzuzahlen. Deswegen wäre der fiktive umgekehrte Zahlungsantrag einer Leistungsklage der Bank im Widerrufsfall – anders als in der von dem BGH entschiedenen Konstellation – auch nicht auf die noch offene Darlehensvaluta gerichtet.

c) Nach einer in der obergerichtlichen Rspr. zum Teil vertretenen Auffassung soll sich das Interesse des Klägers bei einer auf Feststellung der Beendigung eines Darlehensvertrags oder seiner Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis infolge eines Widerrufs gerichteten Klage wie bei einer auf Feststellung der Nichtigkeit eines Darlehensvertrages gerichteten Klage (dazu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2005 – 17 W 21/05) bemessen, so dass auch die Vertreter dieser Auffassung für die Streitwertbemessung an die Höhe der noch offenen Darlehensvaluta anknüpfen (OLG Köln, Beschlüsse v. 18.11.2014 – 13 W 50/14, u. v. 25....

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