Es gilt § 60 Abs. 1 S. 1 RVG, jedoch folgt nach überwiegender Auffassung der Literatur aus dem Wortlaut "oder", dass das bisherige Recht noch gilt, wenn entweder die unbedingte Auftragserteilung oder die gerichtliche Beiordnung vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgt ist. Liegt eines dieser beiden Ereignisse vor dem 1.8.2013, ist folglich noch Altrecht anzuwenden. Das hat auch der Gesetzgeber bei der Einführung des RVG klargestellt und hierzu zur Übergangsregelung des § 61 RVG ausgeführt: "Sind mehrere der in Abs. 1 S. 1 genannten Tatbestände erfüllt, soll für die Frage, welches Vergütungsrecht Anwendung findet, der Zeitpunkt ausschlaggebend sein, an dem erstmals einer der Tatbestände erfüllt ist. Wird beispielsweise der unbedingte Prozessauftrag vor dem Stichtag erteilt, soll die Vergütung nach dem bisherigen Recht zu berechnen sein, auch wenn die Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe erst nach dem Stichtag erfolgt."[6] Obwohl diese Ausführungen zu § 61 Abs. 1 S. 1 RVG Übergansregelungen aus Anlass des Inkrafttretens des RVG betreffen, sind sie auch auf § 60 Abs. 1 S. 1 RVG anwendbar, weil beide Regelungen inhaltsgleich sind.

Weiter ist zu unterscheiden, ob der Anwalt zunächst beauftragt war, nur PKH/VKH zu beantragen oder unabhängig von der PKH/VKH-Bewilligung auch Klage zu erheben. Ist die Klage-/Antragserhebung nicht von der PKH/VKH-Bewilligung abhängig, liegt ein unbedingter Prozessauftrag vor, so dass Altrecht gilt, wenn der Auftrag vor dem 1.8.2013 erteilt und vom Anwalt angenommen wurde, auch wenn die Beiordnung nach dem 31.7.2013 erfolgt. Auch die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ist nur nach Altrecht zu berechnen.[7]

Ist die Klage-/Antragserhebung jedoch von der PKH/VKH-Bewilligung abhängig, liegt nur ein bedingter Prozessauftrag vor. Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ist deshalb dann nach neuem Recht zu berechnen, wenn die Beiordnung erst nach dem 31.7.2013 erfolgt war.[8]

 

Beispiel 1

Der Anwalt erhält einen unbedingten Auftrag zur Klageerhebung am 12.6.2013. Zugleich wird der Anwalt beauftragt, PKH zu beantragen, wobei die Klageerhebung nicht von der PKH-Bewilligung abhängig gemacht wird. Die Klage wird am 12.8.2013 erhoben, die Beiordnung als PKH-Anwalt erfolgt am 12.9.2013.

Die aus der Staatskasse zu berechnende Vergütung ist nach altem Recht zu zahlen, da der unbedingte Klageauftrag vor dem 1.8.2013 erteilt war und auch nicht durch die PKH-Bewilligung bedingt war.

 

Beispiel 2

Der Anwalt erhält einen unbedingten Auftrag zur Beantragung von PKH für eine Klage am 20.6.2013. Es wird zugleich Auftrag zur Klageerhebung erteilt, der jedoch an die Bedingung der Bewilligung der PKH geknüpft ist. Die Klage wird am 20.8.2013 erhoben, die Beiordnung als PKH-Anwalt erfolgt am 20.9.2013.

Die aus der Staatskasse zu berechnende Vergütung ist nach neuem Recht zu zahlen, da zunächst kein unbedingter Auftrag zur Klageerhebung erteilt war und die Bedingung der PKH-Bewilligung erst nach dem 31.7.2013 eingetreten ist.

[6] BT-Drucks 15/1971, S. 203 zu § 61 RVG.
[7] Gerold/Schmidt-Mayer § 60 Rn 56; Hartung/Schons/Enders-Hartung § 60 Rn 60; Mayer/Kroiß-Klees § 60 Rn 11.
[8] Gerold/Schmidt-Mayer § 60 Rn 56; Hartung/Schons/Enders-Hartung § 60 Rn 60; Mayer/Kroiß-Klees § 60 Rn 11.

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