§§ 9, 32, 33 RVG; § 63 GKG

Leitsatz

Der Antrag auf vorläufige Festsetzung des Gegenstandswerts gem. § 33 Abs. 1 RVG kann nicht auf das Recht auf Vorschuss gem. § 9 RVG gestützt werden.

BFH, Beschl. v. 30.10.2023 – IV S 26/23

I. Sachverhalt

Der Antragsteller hatte gegen das gegen den Kläger ergangene Urteil des FG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese anschließend begründet. Gleichzeitig hat der Antragsteller auch beantragt, den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 9, 33 RVG vorläufig festzusetzen. Zur Begründung führte er an, die Anwaltskosten wolle er vorschussweise geltend machen. Das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag ergebe sich aus den §§ 9, 33 RVG.

II. Antrag ist unzulässig

Der Antrag auf vorläufige Festsetzung des Gegenstandswerts ist unzulässig. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs auf Antrag den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder wenn es an einem solchen Wert fehlt. Nach § 33 Abs. 2 RVG ist der Antrag erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Danach ist eine Wertfestsetzung hier bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an der Fälligkeit der Vergütung fehlt. Gem. § 8 Abs. 1 RVG ist die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, bzw. – sofern der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig wird – wenn eine Kostenentscheidung ergangen, der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Hieran fehlt es in Bezug auf das zugrunde liegende Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann der Antrag auch nicht auf das Recht auf Vorschuss gem. § 9 RVG gestützt werden. Daraus, dass der Prozessvertreter gem. § 9 RVG einen Vorschuss verlangen kann, folgt nicht, dass für diese Zwecke ein Wert festzusetzen ist, denn der Prozessbevollmächtigte kann den aus seiner Sicht zutreffenden Wert zugrunde legen und danach den Vorschuss verlangen (LAG Kiel NZA-RR 2006, 320). Abgesehen davon scheitert die vom Antragsteller begehrte Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 RVG schon daran, dass sich die Anwaltsgebühren im Streitfall nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert berechnen und es an einem solchen Wert auch ohne gerichtliche Festsetzung nicht fehlt (BFH, Beschl. v. 7.3.2012 – V B 131/11, RVGreport 2012, 473). Der Antrag ist auch nicht als Antrag auf Streitwertfestsetzung gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG zu verstehen. Zum einen hat der Antragsteller ausdrücklich eine Wertfestsetzung gem. § 33 RVG beantragt, zum anderen wäre auch eine vorläufige Streitwertfestsetzung unzulässig (BFH AGS 2016, 227, RVGreport 2016, 195).

III. Bedeutung für die Praxis

1. Keine Fälligkeit

Eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG kommt nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur in Betracht, wenn die anwaltliche Vergütung bereits fällig ist. Dies war unstreitig nicht der Fall.

2. Keine vorläufige Festsetzung

Ohnehin sieht das Verfahren nach § 33 RVG keine vorläufige Wertfestsetzung vor, sondern nur eine endgültige Wertfestsetzung. Da – wie bereits ausgeführt – eine Wertfestsetzung nur in Betracht kommt, wenn die Vergütung fällig ist, bedarf es hier auch gar keiner vorläufigen Wertfestsetzung.

3. Verfahren nach § 63 GKG

a) Kein Anspruch auf vorläufige Wertfestsetzung

Nach § 32 Abs. 2 GKG steht dem Anwalt ein eigenes Recht zu, die Festsetzung des Streitwerts nach § 63 GKG zu beantragen und gegen eine unterlassene Festsetzung entsprechende Rechtsbehelfe zu ergreifen. Dieses Recht gilt aber nur für die endgültige Wertfestsetzung und nicht für eine vorläufige Wertfestsetzung. Ein Recht des Anwalts auf vorläufige Streitwertfestsetzung besteht nicht.

b) Vorläufige Wertfestsetzung in finanzgerichtlichen Verfahren ist ausgeschlossen

Unabhängig davon käme ein Anspruch auf eine vorläufige Wertfestsetzung auch deshalb nicht in Betracht, weil in finanzgerichtlichen Verfahren eine solche vorläufige Wertfestsetzung nicht vorgesehen ist. Zwar ist nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG eine vorläufige Wertfestsetzung vorzunehmen, wenn sich die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert richten und mit Einreichung der Klage-, Antrags- Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig werden. Diese Voraussetzungen wären hier erfüllt, da mit Einreichung der Nichtzulassungsbeschwerde die gerichtliche Verfahrensgebühr der Nr. 6500 GKG KV fällig geworden ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG). Indes gilt die Vorschrift des § 63 Abs. 1 GKG nicht in finanzgerichtlichen Verfahren (§ 63 Abs. 1 S. 3 GKG).

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 12/2023, S. 568 - 569

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