Das AG hat nach Auffassung des LG den Antrag des Verteidigers auf Festsetzung einer Wahlverteidigervergütung zu Recht zurückgewiesen. Die mit dem Festsetzungsantrag geltend gemachte Vergütung für den Berufungsrechtszug sei zwar tatsächlich angefallen, jedoch sei von dem geltend gemachten Betrag i.H.v. noch 233,24 EUR die dem Verteidiger bereits ausgezahlte Pflichtverteidigervergütung in Abzug zu bringen. Da diese die geltend gemachte Wahlverteidigervergütung um ein Vielfaches übersteigt, war die auszuzahlende Vergütung im Ergebnis auf 0,00 EUR festzusetzen.

Zwar sei der Verteidiger der Verurteilten zum Pflichtverteidiger bestellt und auch im Berufungsrechtszug als solcher tätig gewesen, doch sei es wegen der Regelung des § 52 Abs. 1 S. 1 1. Hs., Abs. 2 S. 1 RVG möglich, anstatt der dem Verteidiger zustehenden Pflichtverteidigergebühren für das Verfahren zweiter Instanz für letzteres Wahlverteidigergebühren auf Grundlage der vom LG getroffenen Kostengrundentscheidung zu Lasten der Staatskasse abzurechnen. Denn nach § 52 Abs. 1 1. Hs. RVG könne auch der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt von dem Beschuldigten die Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers verlangen, wenn und soweit dem Beschuldigten ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht (§ 52 Abs. 2 S. 1 RVG).

Dies sei hier geschehen. Der der Verurteilten gerichtlich beigeordnete Verteidiger habe auf Grundlage der Kostengrundentscheidung des LG mit seinem Kostenfestsetzungsantrag – nach Abtretung eines vermeintlich bestehenden Anspruchs der Verurteilten – eine Wahlverteidigervergütung beansprucht und hiermit das sich aus § 52 Abs. 1 S. 1 1. Hs. RVG ergebende Wahlrecht ausgeübt. In § 52 Abs. 1 S. 2 RVG sei allerdings weiter geregelt, dass der Anspruch des Verteidigers gegen den Beschuldigten insoweit entfalle, als die Staatskasse Gebühren gezahlt habe. Hier habe die Staatskasse bereits eine Pflichtverteidigervergütung i.H.v. 4.817,54 EUR an den Verteidiger ausgezahlt, die die nunmehr geltend gemachte Wahlverteidigervergütung übersteigen. Die durch diese Regelung erfolgte Verrechnung der Vergütungsansprüche habe ihren sachlichen Grund in dem Umstand, dass es sich bei der an den Pflichtverteidiger gezahlten Vergütung um Kosten des Verfahrens handelt, die der Beschuldigte im Falle seiner Verurteilung zu tragen hat und hinsichtlich derer ein Zahlungsanspruch der Staatskasse gegen den Beschuldigten bestehe (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, § 52 Rn 15 m.w.N.). Durch die Regelung des § 52 Abs. 1 S. 2 RVG werde mithin lediglich eine ansonsten erforderliche ausdrückliche Aufrechnungserklärung der Staatskasse obsolet.

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