Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Die Sozialplanabfindung war Gegenstand des Mandats, weil die Beklagte von ihrer Arbeitgeberin vor die Alternative einer betriebsbedingten Kündigung oder einer Annahme eines Abfindungsangebots gestellt worden war, wobei die Arbeitgeberin das Bestehen eines Sozialabfindungsanspruchs streitig gestellt hatte und sich die Beklagte in dieser Situation mit der Bitte um Rechtsrat und Vertretung an die Klägerin wandte. Die Auffassung der Beklagten, die Sozialplanabfindung sei von der Arbeitgeberin angeboten worden, lässt den Kontext der zugleich angedrohten betriebsbedingten Kündigung außer Betracht. Angesichts der Alternativität einer betriebsbedingten Kündigung und eines Angebots auf Abfindung lag es im erkennbaren Interesse der Beklagten, von der Klägerin über die ihr günstigere und aussichtsreichere Lösung beraten zu werden. Dass die Klägerin hierüber auch beraten hat, ist zwischen den Parteien auch außer Streit.

2. Die von der Klägerin unternommene Wertaddition zwischen dem Kündigungsschutzanspruch und dem Anspruch auf Sozialplan verstößt nicht gegen § 42 Abs. 3 GKG, weil es sich um selbstständige Gegenstände handelt. Der Sozialplan stellt keinen Ersatz für das Arbeitsverhältnis dar (vgl. LAG Hamburg v. 22.1.2013 – 5 Ta 33/12, JurBüro 2013, 251).

3. a) Die von der Klägerin in Ansatz gebrachte Rahmengebühr mit dem Faktor 1,8 aus Nr. 2300 VV war nach dem Gutachten der Rechtsanwaltskammer angemessen, weil die Tätigkeit überdurchschnittlich schwierig war. Denn der Beklagten war eine betriebsbedingte Kündigung durch einen großen Betrieb angedroht, die auf das Vorliegen betriebsbedingter Kündigungsgründe, die Sozialauswahl, die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in einer anderen Betriebsstätte und das Bestehen von Ansprüchen aus dem Sozialplan zu überprüfen war. Darüber hinaus war die Angelegenheit für die Beklagte von besonderer Bedeutung, weil der Arbeitgeber die Beendigung eines seit 28 Jahren bestehenden Lebensarbeitszeitverhältnisses beabsichtigte und die Klägerin im Lebensalter von 58 Jahren das Risiko eines altersbedingten dauerhaften Ausscheidens aus dem Erwerbsleben zu vergegenwärtigen hatte.

Die von der Beklagten ins Feld geführte vorgebliche Mangelhaftigkeit des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer liegt außerhalb jeder konsentierbaren Rechtsauffassung. Das Gutachten ist vielmehr besonders gründlich und deckt auch kritische Punkte – wie etwa den bestrittenen Umfang der Tätigkeit – nicht zu, sondern würdigt auch diese bei der Abwägung.

b) Eine Reduzierung der Rahmengebühr ist auch nicht deswegen geboten, weil die Klägerin mehrere Arbeitnehmer derselben Arbeitgeberin parallel vertreten hat. Die Berufung verkennt mit ihrem Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 26.2.2013 – XI ZR 345/10, JurBüro 2013, 418 [= AGS 2013, 252] schon im Ansatz, dass die Rahmengebühr vom Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Eine Unbilligkeit der Bestimmung kann unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 26.2.2013 schon deshalb nicht begründet werden, weil es vorliegend offensichtlich an einer standardisierten Bearbeitung durch gleichlautende Anspruchsschreiben fehlt. Dass die Klägerin im Gegenteil die Sozialauswahl der einzelnen vertretenen Arbeitnehmer durch das Großunternehmen ebenso individuell prüfen musste wie die auf den Arbeitsplatz und die berufliche Qualifikation zugeschnittene Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung an einer anderen Betriebsstätte, ist offensichtlich. Eine unbillige Bestimmung ist daher unter Berücksichtigung des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer fernliegend.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und FAArbR Dr. Dr. Lindemann, Darmstadt

AGS 12/2015, S. 562 - 563

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