In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Denn der Rechtspfleger hat den Festsetzungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

Es fehlt an einer den gezahlten Betrag von 407,72 EUR erfassenden Kostengrundentscheidung i.S.v. § 103 Abs. 1 ZPO. Die Summe gehört den Kosten des Rechtsstreits weder in erster noch in zweiter Instanz an.

Zum einen ist der Aufwand nicht den der Klägerin entstandenen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zuzurechnen. Zwar handelt es sich bei dem Betrag um den zu einer Quote von 1/10 erstatteten Anteil erstinstanzlicher Kosten der Beklagten. Der geltend gemachte Aufwand kann jedoch bereits deshalb nicht den der Klägerin entstandenen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zugeordnet werden, weil mit der Erhebung der Einrede nach § 269 Abs. 6 ZPO durch die Beklagte der Grund für die Zahlung der Klägerin erst im Berufungsverfahren entstanden ist (zumal die Kosten erster Instanz nur zu 9/10 an die Klägerin zu erstatten sind).

Zum anderen gehört der Betrag auch nicht zu den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz, die nach dem Beschluss des OLG von der Beklagten zu tragen sind. Es ist bereits grundsätzlich zweifelhaft, ob Kosten, die einer Partei zu ihrer Rechtsverfolgung entstanden sind, zu Prozesskosten der Gegenpartei werden, wenn sie von dieser erstattet werden. Dies wird im Regelfall zu verneinen sein, da die Gegenpartei die Kosten nicht zur prozessualen Rechtsverfolgung i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO, sondern zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erstattet. Anderes dürfte allerdings in der vorliegenden Fallgestaltung gelten, da die Klägerin, die ihre Klage nach Teilrücknahme in erster Instanz in der Berufung wieder erweitert hat, die Kostenerstattung vorgenommen hat, um dem prozessualen Einwand der Beklagten aus § 269 Abs. 6 ZPO zu begegnen.

Letztlich kann dies dahinstehen. Denn die Bewertung der Frage, ob an den Gegner erstattete Prozesskosten als Kosten des Rechtsstreits Gegenstand des Festsetzungsverfahrens sein können, ist dem Anwendungsbereich der im Jahre 2004 eingefügten Vorschrift des § 91 Abs. 4 ZPO zu entnehmen.

Zwar bestimmt diese Norm, dass zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO auch diejenigen gehören, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

Die Vorschrift ist in der vorliegenden Fallgestaltung aber nicht anwendbar: Der Gesetzgeber hat mit ihr die Absicht verfolgt, die Kosten, die eine letztendlich obsiegende Partei an den Gegner aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils ausgleicht, in das Festsetzungsverfahren einzubeziehen, wenn das zunächst ergangene Urteil durch eine spätere Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird (BT-Drucks 15/1508, S. 16). Auf diese Weise hat jenseits von § 717 Abs. 2 ZPO durch die Möglichkeit der Rückfestsetzung eine Ungleichbehandlung der Parteien ausgeglichen werden sollen, die dadurch entsteht, dass der Gläubiger seinen Kostenerstattungsanspruch aufgrund des vorläufigen Titels im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen kann, der zahlungsbereite Schuldner nach Aufhebung oder Änderung der Kostengrundentscheidung aber nicht. Der Bundesgerichtshof hat auf dieser Grundlage das "übergeordnete Prinzip" erkannt, "dass aufgrund einer vorläufigen Kostengrundentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzte und von der obsiegenden Partei im Verlauf des Rechtsstreits gezahlte Kosten nach Änderung der Kostengrundentscheidung im selben Verfahren gegen den Titelgläubiger rückfestgesetzt werden können" (BGH, MDR 2013, 122).

Eine solche Konstellation liegt nicht vor, denn die dem Kostenerstattungsanspruch der Beklagten zugrunde liegende erstinstanzliche Entscheidung ist weder aufgehoben noch abgeändert worden.

Wird der der Gegenseite erstattete Betrag aber nicht deshalb zurückgefordert, weil die Kostengrundentscheidung nicht mehr in ihrer ursprünglichen Fassung besteht, fehlt es an dem maßgeblichen Grund, die kostenrechtliche Behandlung von Kostenrückerstattung und Kostenerstattung gleichzusetzen – zumal der Rechtspfleger gegebenenfalls mit materiellrechtlichen Fragen zum Bestehen des Rückforderungsanspruchs belastet wird, die den Rahmen des vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahrens verlassen.

Ob die Kostenerstattung angesichts des zugunsten der Klägerin erlassenen Kostenausgleichungsbeschlusses vom 21.9.2012 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO erforderlich gewesen ist, bedarf keiner Erörterung.

3. Die Entscheidung zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert (§ 47 Abs. 1 GKG) ergibt sich aus der Höhe der angemeldeten Kosten.

4. Da, soweit ersichtlich, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Festsetzbarkeit der an die Gegenpartei nicht aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Titels erstatteten Kosten nicht existiert, misst der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung bei und lässt die Rechtsbeschwerde zu, § 574 Abs. 2, 3 ZPO.

AGS 12/2013, S. 597 - 598

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