RVG § 15 Abs. 2 S. 1; ZPO § 287

Leitsatz

Zur Frage, ob die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Autor einerseits und den Verlag andererseits dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG betrifft.

BGH, Urt. v. 5.10.2010 – VI ZR 152/09

Sachverhalt

Die Klägerin nimmt den Beklagten, einen beim A-Verlag angestellten Journalisten, auf Erstattung eines Teils der Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch, die ihr im Zusammenhang mit der Abmahnung eines vom Beklagten verfassten Artikels in der vom A-Verlag verlegten Zeitschrift „Sport Bild“ entstanden sind. In dem beanstandeten Artikel wird über Transfer-Aktionen, die Finanzlage der Klägerin und Einzelheiten zu Verpflichtungen neuer Spieler berichtet. Mit getrennten Schreiben 13.2.2008 forderten die anwaltlichen Vertreter der Klägerin sowohl den Beklagten als auch den A-Verlag auf, strafbewehrte Unterlassungserklärungen hinsichtlich fünf in dem Artikel enthaltener Behauptungen abzugeben. Mit Schreiben vom 21.2.2008 gab der A-Verlag im eigenen und im Namen des Beklagten die geforderten Erklärungen hinsichtlich drei der Behauptungen ab. Bezüglich der vierten Äußerung erwirkte die Klägerin gegen den Verlag eine einstweilige Verfügung, die der Verlag am 31.3.2008 als endgültige Regelung anerkannte. Nach Aufforderung durch die Klägerin gab der Verlag am 16.4.2008 namens und im Auftrag des Beklagten eine Unterlassungserklärung bezüglich der vierten Äußerung ab. Mit Schreiben vom 2.4.2008 verlangte die Klägerin vom Verlag die Begleichung der ihr für die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen den Verlag in Rechnung gestellten Anwaltsgebühren in Höhe von 1.419,19 EUR. Dem kam der Verlag nach. Die Bezahlung der der Klägerin für das Vorgehen gegen den Beklagten in Rechnung gestellten Anwaltsgebühren in gleicher Höhe lehnte der Verlag ab.

Auf die Klage hat der Beklagte die Klageforderung in Höhe von 461,01 EUR anerkannt. Das AG hat ein entsprechendes Teilanerkenntnisurteil erlassen und die Klage durch Schlussurteil im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG das Schlussurteil des AG abgeändert und den Beklagten zur Zahlung weiterer 958,18 EUR verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Aus den Gründen

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die getrennte Verfolgung der Unterlassungsansprüche gegen den A-Verlag einerseits und den Beklagten andererseits sei zulässig. Bei der Verfolgung der Ansprüche wegen einer Textveröffentlichung gegen den Autor und den Verlag handle es sich um verschiedene Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne. Eine Angelegenheit könne nur dann angenommen werden, wenn die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Berichterstattung so weitgehend parallel laufe, dass nicht mehr von zwei getrennten Prüfungsaufgaben des Rechtsanwalts gesprochen werden könne. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da der Anwalt unterschiedliche Prüfungsaufgaben bei unterschiedlichen Störern zu erfüllen habe. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Berichterstattung durch den Autor sei von der Prüfung der Verbreiterhaftung durch den Verlag zu trennen. Die getrennte Verfolgung der Ansprüche sei auch zweckmäßig gewesen. Für sie spreche als sachlicher Grund eine größere Übersichtlichkeit. Dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers stehe auch weder der Einwand des Beklagten entgegen, der Rechtsanwalt des Klägers habe in seiner Berechnung den Gegenstandswert zu hoch angesetzt, noch könne sich der Beklagte darauf berufen, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe diese nicht über die kostengünstigste Vorgehensweise belehrt. Ein insoweit möglicherweise gegebenes Fehlverhalten des mit der Geltendmachung der Rechte beauftragten Anwalts müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Der Geschädigte könne in jedem Fall den Schädiger auf vollen Ersatz der ihm in Rechnung gestellten Kosten in Anspruch nehmen und sei lediglich zur Abtretung seiner Ansprüche auf Rückgewähr einer etwaigen Zuvielzahlung gegen seinen Rechtsanwalt verpflichtet. Aus diesem Grund seien weder die angesetzten Gegenstandswerte noch die Rahmengebühren zu beanstanden.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Annahme rechtfertigen, der Klägerin stehe ein über den anerkannten Betrag von 461,01 EUR hinausgehender Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu.

1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin wegen der abgemahnten Veröffentlichung dem Grunde nach ein auf die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten gerichteter Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB zusteht und die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung der Rechte der Klägerin grundsätzlich notwendig war. Diese Annahme des Berufungsgerichts lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

2. Die Revision beanstandet aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die gesamten vo...

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