ZPO §§ 3, 495a, 567; BGB § 551

Leitsatz

  1. Der Streitwert einer Klage, mit der ein Mieter von seinem Vermieter den Nachweis verlangt, dass eine Mietkaution in der Form des § 551 Abs. 3 BGB angelegt ist, ist mit einem Viertel der Kautionssumme zu bewerten.
  2. Ein Streitwertbeschluss ist auch dann nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, wenn dieser im Zusammenhang mit der Einleitung des vereinfachten Verfahrens nach § 495a ZPO ergeht und durch die Festsetzung eines Wertes bis 600,00 EUR die Verfahrensgestaltung nachvollziehbar gemacht werden soll (entgegen LG München I MDR 2001, 713 = NJW-RR 2001, 1222).

OLG Köln, Beschl. v. 12.8.2009–16 W 26/09

1 Sachverhalt

Die Kläger begehren aus einem Wohnraummietverhältnis von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der früheren Vermieterin einen Nachweis, dass eine geleistete Kaution von 799,66 EUR insolvenzsicher und getrennt von deren übrigen Vermögen angelegt worden ist.

Mit Beschluss hat das AG den Streitwert auf einen Wert bis 300,00 EUR festgesetzt und das vereinfachte Verfahren gem. § 495a ZPO angeordnet. Auf eine Bitte der Kläger um Überprüfung, da sich der Wert auf 799,66 EUR belaufe, hat es sodann mit weiterem Beschluss die Wertfestsetzung mit 199,92 EUR (= , der Kaution) präzisiert. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, der das AG nicht abgeholfen hat und mit der eine Wertfestsetzung auf den vollen Kautionsbetrag angestrebt wird.

Das OLG hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

2 Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde, über die das OLG gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG zu entscheiden hat, ist nicht zulässig.

Entscheidungen der ersten Instanz, mit denen der Streitwert festgesetzt wird, sind – soweit es sich nicht um den Gebührenstreitwert handelt – nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nicht anfechtbar.

Streitig ist die Anfechtbarkeit allerdings für den Fall, dass die Wertfestsetzung im Zusammenhang steht mit der Einleitung des vereinfachten Verfahrens nach § 495a ZPO, das nur bei einem Wert bis 600,00 EUR zulässig ist. Um einen derartigen Fall handelt es sich hier; denn der angefochtene Beschluss stellt eine präzisierende Ergänzung der ursprünglichen Wertfestsetzung dar, mit der das AG unter Angabe der Bemessungsfaktoren, die Einleitung des vereinfachten Verfahrens nachvollziehbar gemacht hat. Damit handelt es sich um die Festsetzung des Bagatellstreitwertes.

Auch wenn es bei der Wertgrenze von 600,00 EUR um den Zuständigkeitsstreitwert geht (z.B. Zöller/Herget, ZPO 27. Aufl., § 495a Rn 5), dessen – deklaratorische – Festsetzung grundsätzlich nicht anfechtbar ist, bejaht ein Teil der Rspr. u. Lit. wegen der weitreichenden Wirkungen auf die Ausgestaltung des Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 567 Abs. 1 ZPO ausnahmsweise die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde (LG München I MDR 2001, 713 = NJW-RR 2001, 1222); Musielak/Heinrich, ZPO, 6. Aufl., § 3 Rn 22). Nach ganz überwiegender Ansicht ist die Wertfestsetzung auch in einem derartigen Fall dagegen nicht anfechtbar (LG Dortmund NJW-RR 2006, 1222; Musielak/Witschier, a.a.O. § 495a Rn 11; Münch Komm/Westmann, ZPO, 3. Aufl., § 2 Rn 22; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 2 Rn 42; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rn 7 [anders noch die 26. Aufl.]; Hartmann, KostG, 38. Aufl., § 3 ZPO, Rn 83).

Der letztgenannten Meinung ist zu folgen.

Eine Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 ZPO nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder mit der angefochtenen Entscheidung ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wird. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere ergeht eine – ohnehin nicht bindende – Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes im Wege eines Beschlusses unabhängig von Anträgen einer Partei von Amts wegen, und zwar regelmäßig – so auch hier – lediglich zu dem Zweck, den Parteien Klarheit über die Verfahrenslage zu verschaffen (Stein/Jonas/Roth, a.a.O. Rn 53). Für eine analoge Anwendung des § 567 Abs. 1 ZPO (so LG München I a.a.O.) ist kein Raum, da es keine Regelungslücke gibt. Insbesondere ist eine Korrektur eines etwa zu Unrecht eingeleiteten Bagatellverfahrens jederzeit über eine Berufung möglich, da das Berufungsgericht nicht an die Wertfestsetzung gebunden ist (so zutreffend LG Dortmund a.a.O.). Eine unterlegene Partei ist nicht gehindert, mit einer Berufung geltend zu machen, dass der Streitwert tatsächlich mehr als 600,00 EUR betrage und deshalb das Bagatellverfahren zu Unrecht eingeleitet wurde. Falls der angenommene Wert zutreffend sein sollte, kann sie sodann eine Korrektur entweder durch eine eigene Sachentscheidung des Berufungsgerichts oder gegebenenfalls auf Antrag durch eine Aufhebung und Zurückverweisung an das AG gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreichen. Die gegenteilige Betrachtungsweise läuft letztlich auf eine gesetzlich nicht vorgesehene gesonderte Anfechtung der Entschließung über die Anordnung des vereinfachten Verfahrens hinaus.

Auch wenn mit dem angefochtenen Beschluss zugleich der Gebührenstreitwert festgesetzt werden sollte, wäre eine hiergegen eingeleg...

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