Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und in dem noch verbliebenen Umfang auch begründet. Die Beschränkung der VKH auf die Einigungsgebühr für die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten ist nicht gerechtfertigt.

Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erstreckt sich gem. § 48 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 RVG auch auf die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten in dem Scheidungsfolgenvergleich, denn es handelt sich hierbei um eine Regelung von Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht.

Allerdings ist strittig, welche Regelungen in einem Scheidungsfolgenvertrag als güterrechtliche Angelegenheit anzusehen sind. Bei einer engen Auslegung des Begriffs "eheliches Güterrecht" würden hierunter nur die Ansprüche aus den §§ 13631390 BGB fallen, bei einer weiten Auslegung auch Regelungen anderer vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen den Ehegatten (so OLG Hamburg MDR 1976, 1029, zum gleichlautenden § 122 Abs. 3 BRAGO, wonach die Formulierung "Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht" im weitesten Sinne zu verstehen sei und grundsätzlich die Auseinandersetzung über alle den Ehegatten zustehenden Vermögenswerte schlechthin decke).

Der BGH hat in anderem Zusammenhang entschieden, dass Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht solche sind, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften über das eheliche Güterrecht (§§ 1363 ff. BGB) oder aus Vereinbarungen der Ehegatten ergeben, durch die güterrechtliche Verhältnisse abweichend von einer gesetzlichen Ausgestaltung geregelt, güterrechtliche Ansprüche modifiziert oder die Auseinandersetzung güterrechtlicher Beziehungen geregelt werden (BGHZ 76, 305 ff. = FamRZ 1980, 551). Ansprüche, die in einer Scheidungsfolgenvereinbarung der Ehegatten zur Auseinandersetzung der güterrechtlichen Beziehungen begründet werden, sind danach ebenso wie die gesetzlichen Auseinandersetzungsansprüche, die damit modifiziert werden sollen, dem ehelichen Güterrecht (i.S.d. § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9 GVG a.F.) zuzurechnen. Denn sie haben ebenso ihre Wurzel im ehelichen Güterrecht (BGH FamRZ 1980, 878 f.; FamRZ 1980, 1106).

Dies ist auf die Frage, in welchem Umfang der VKH-Anwalt im Ehescheidungsverfahren bei Abschluss eines Vertrags nach § 48 Abs. 3 S. 1 RVG beigeordnet ist, zu übertragen.

Sinn der Regelung in § 48 Abs. 3 RVG ist es, die Herbeiführung einer Vereinbarung zu Scheidungsfolgen zu unterstützen, was für eine Auslegung i.S.d. vorstehenden Ausführungen spricht. Eine einengende Auslegung wäre mit der Intention des Gesetzgebers nicht vereinbar.

Ziel des Gesetzgebers war es, dass Parteien mit geringem Einkommen die gleiche Möglichkeit erhalten, ihre Streitigkeiten möglichst umfangreich beizulegen, wie Parteien mit ausreichend hohem Einkommen, was zur Änderung von § 48 Abs. 3 S. 1 RVG durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 führte (vgl. BT-Drucks 17/11471, 270).

Es war bereits Grundgedanke des § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO, den Abschluss von Vereinbarungen in Angelegenheiten zu fordern, die mit der Ehesache zusammenhängen. Erfasst wurden diejenigen Gegenstände, die nach der damaligen Praxis typischerweise zum Gegenstand einer gütlichen Regelung aus Anlass des Eheverfahrens gemacht wurden (vgl. BT-Drucks 10/2888, 25).

Hierzu gehören auch Regelungen, die zwar für sich genommen nicht zum Güterrecht i.S.d. §§ 1363 ff. BGB zählen, aber in Zusammenhang mit einer güterrechtlichen Streitigkeit stehen, etwa indem sie den Zugewinnausgleichsanspruch, der an sich ein reiner Geldanspruch ist, modifizieren.

Der Vergleich erfüllt damit auch hinsichtlich der Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten an dem gemeinsamen Hausgrundstück die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 RVG.

Mit der Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft an dem gemeinsamen Hausanwesen der beteiligten Ehegatten und Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Antragsgegners an dem Grundstück auf die Antragstellerin wurde, wie ausdrücklich vereinbart, die Folgesache Zugewinnausgleich erledigt und verglichen. Der Zugewinn kann vertraglich auch durch die Übertragung anderer Vermögenswerte ausgeglichen werden. Die Beteiligten haben eine umfassende Regelung getroffen, in der die Vermögensauseinandersetzung einen Baustein des Zugewinnausgleiches darstellt. Anstelle der von der Antragstellerin zunächst geforderten Zugewinnausgleichszahlung wurde ihr der Miteigentumsanteil an dem Grundstück übertragen. Dass die Antragstellerin ihrerseits einen Ausgleich in Form einer Ausgleichszahlung und Übernahme der gemeinschaftlichen auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten leistet, ändert daran nichts und macht die Vereinbarung nicht zu einem Kaufvertrag.

Da der Vergleich damit auch mit der Vermögensauseinandersetzung Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht regelt, war klarstellend die Beschränkung der VKH auf die Einigungsgebühr für die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten in dem Vergleich aufzuheben.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge