Anzumerken ist zunächst, dass im vorliegenden Fall gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG das RVG i.d.F. bis zum 31.7.2016 (RVG a.F.) für die Bemessung der Gebührenhöhe Anwendung findet.

I. Unterwerfungsvergleich

Eine Einigungsgebühr kann nach Anm. Abs. 4 zu VV 1000 auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts entstehen, sofern die (Vertrags-)Parteien über die Ansprüche vertraglich verfügen können (§ 106 VwGO, § 101 SGG). Ob dies dem Leistungsträger möglich ist, beurteilt sich kurz gesagt danach, ob dieser den materiellen Anspruch durch Verwaltungsakt wirksam regeln kann (§§ 53 ff. SGB X).

Voraussetzung ist jedoch für einen Vergleich nach §§ 53 ff. SGB X (wie auch nach § 779 BGB) ein gegenseitiges Nachgeben der Vertragsparteien, durch welches eine Ungewissheit beseitigt wird.

Die "Ungewissheit" kann sich dabei auf den zu regelnden Vertragsgegenstand, den Sachverhalt oder auch die Rechtslage beziehen.

Das "Nachgeben" kann materieller oder prozessualer Art sein. Hier genügt bereits die bloße Aufgabe der bisherigen Rechtsposition. Teils wird auch bereits der Verzicht auf ein streitiges Urteil als ausreichend angesehen.

Dabei hat der (sozial-)gerichtliche Vergleich eine Doppelnatur: Er ist sowohl öffentlich-rechtlicher Vertrag (§ 53 SGB X) als auch Prozesshandlung, durch welche der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden kann.

Im Erinnerungsverfahren vor dem SG hatte der Vorsitzende die Einigungsgebühr mangels Entstehung nicht zugesprochen, da gesetzlich gebundene Sozialleistungen nach § 22 SGB II einem öffentlich-rechtlichen Vertrag aufgrund § 53 Abs. 2 SGB X nicht zugänglich seien.

Dementgegen hat das LSG die Einigungsgebühr zuerkannt.

Die Beseitigung einer Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben wurde im Unterwerfungsvergleich durch das LSG gesehen:

Bei einem Vergleichsvertrag i.S.v. § 54 SGB X handele es sich entsprechend § 779 BGB um einen Vertrag, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts der Rechtslage bestehenden Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werde. Vorliegend handele es sich bei dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Unterwerfungsvergleich um einen solchen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Denn es genüge für die Annahme eines Vergleichs, dass durch ihn ein Streit zwischen den Beteiligten beseitigt werde.

Im Unterwerfungsvergleich seien die Erklärungen der Beteiligten u.a. darauf gerichtet gewesen, den konkreten Streit über den von den Klägern im Verfahren S 28 AS 1228/11 geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Heizstrom als Bedarf nach § 22 SGB II zunächst beizulegen und das anhängige Gerichtsverfahren zu beenden. Dies sei auch im Wege gegenseitigen Nachgebens geschehen. Die Beklagte habe sich verpflichtet, über die Höhe der Heizkosten im streitgegenständlichen Zeitraum entsprechend der Rechtsauffassung des BSG in dem anhängigen Revisionsverfahren nach Veröffentlichung der entsprechenden Entscheidung neu zu entscheiden.

Die Kläger haben ihrerseits auf prozessuale Rechte, nämlich eine Entscheidung durch das Gericht, verzichtet. § 54 Abs. 1 SGB X bzw. § 779 BGB verlange nicht, dass der Vergleich schon den Bestand des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs berühre. Es sei daher also keine ganze oder teilweise Anerkennung des Anspruchsgegners bzw. kein ganz oder teilweiser Verzicht des (vermeintlichen) Anspruchsinhabers notwendig.

Die Beteiligten geben bereits auch i.S.v. § 54 Abs. 1 SGB X bzw. § 779 BGB nach, wenn sie durch beiderseitiges Entgegenkommen eine Vereinbarung über die Durchsetzbarkeit des dem Streit zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruchs träfen, z.B. auf bestimmte materiell-rechtliche Einwendungen oder auf prozessuale Rechte verzichten würden.

Die Einigungsgebühr wurde durch das LSG in Höhe der Mittelgebühr von 190,00 EUR, unter Berücksichtigung des sich durch die Vertretung der Kläger in mehreren Parallelfällen ergebenden Synergieeffektes festgesetzt.

II. Einheitliche Einigungsgebühr

Der errungene anwaltliche Erfolg auf Entstehung der Einigungsgebühr für den Unterwerfungsvergleich wurde jedoch schnell getrübt.

Das LSG gestand entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für zehn der insgesamt dreizehn durch den Unterwerfungsvergleich erledigten Verfahren eine einheitliche Einigungsgebühr zu.

Die Unterwerfungsregelungen hinsichtlich zehn Streitsachen (Unterwerfung unter den Ausgang eines beim Bundessozialgericht anhängigen Revisionsverfahrens – Nr. 1 des Vergleichs) erfüllen die Voraussetzungen für den Anfall einer Einigungsgebühr, die bloße Miterledigung der weiteren Rechtstreite dagegen nicht, da diese nicht Gegenstand der Unterwerfung waren.

Das LSG führte aus, dass bei einer gemeinsamen Einigung in mehreren Rechtstreitigkeiten derselben Beteiligten nur eine Einigungsgebühr entstehe.

Dies gelte auch dann, wenn zuvor keine förmliche Verbindung nach § 113 SGG erfolge. Der Abschluss eines einheitlichen außergerichtlichen/ gerichtlichen Vergleichs bringe den übereinstimmenden Willen des Gerichts, der Beteiligten und ihrer Bevollmäc...

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