Die zulässige Beschwerde der Rechtsanwältin führt weitgehend zum Erfolg.

Ob und inwieweit aufgrund der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Vergleich, der auch zunächst nicht im Verfahren anhängige Gegenstände betrifft (sog. Mehrvergleich), dem beigeordneten Rechtsanwalt auch mit dem Vergleichsabschluss zusammenhängende sonstige Gebühren (d.h. neben der Einigungsgebühr auch die Verfahrens- und Terminsgebühr) aus der Staatskasse zu gewähren sind, ist streitig.

Das OLG Koblenz (FamRZ 2014, 1877; AGS 2014, 527) vertritt die Auffassung, dass sich die Erstattungsfähigkeit solcher Gebühren in diesen Fällen gem. § 48 Abs. 1 RVG nach der Auslegung des Bewilligungsbeschlusses richtet. Soweit sich die Bewilligung ohne eine ausdrückliche Erstreckung auf die genannten Gebühren auf den Vergleich richtet, reiche dies allein nicht aus, um auch die weiteren Gebühren zu umfassen. Das OLG Köln (FamRZ 2014, 1875; ähnlich Keske, NJW 2014, 2805) ist dagegen der Meinung, derartigen Formulierungen sei regelmäßig zu entnehmen, dass alle entstandenen Gebühren von der Landeskasse zu erstatten sind.

Im vorliegenden Fall wurde dem Antragsteller zunächst Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt. Im Termin wurde eine Vereinbarung geschlossen, die neben dem eigentlichen Verfahrensgegenstand (Vollstreckung einer Umgangsvereinbarung) auch eine weitergehende Umgangsregelung enthielt. Der Verfahrenswert wurde für das gerichtliche Verfahren auf 1.000,00 EUR und für die Vereinbarung bezüglich des Umgangs auf weitere 3.000,00 EUR festgesetzt. Noch vor Niederlegung der Vereinbarung ist im Protokoll festgehalten: "Beschluss: Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe auch zum Abschluss der folgenden Vereinbarung bewilligt.”"

Hinsichtlich der Auslegung einer solchen erweiterten Bewilligung neigt das Beschwerdegericht der Auffassung des OLG Köln zu. Darauf kommt es hier aber nicht an, weil auch auf der Grundlage der Auffassung des OLG Koblenz die von der Rechtsanwältin geforderten weiteren Gebühren zu gewähren sind. Von einer Erstreckung der Bewilligung für den Mehrvergleich auch auf diese Gebühren kann nämlich auszugehen sein, wenn zwischen dem eigentlichen Verfahrensgegenstand und dem zusätzlichen Gegenstand des Mehrvergleichs ein enger Zusammenhang besteht (OLG Koblenz AGS 2014, 527 für Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt).

So liegt der Fall hier. Die Vollstreckung der ursprünglichen Umgangsvereinbarung und die Frage einer Neuregelung des Umgangs waren eng miteinander verwoben. Der das Ausgangsverfahren führende Richter war daher ohne Weiteres in der Lage, auch die für den Antragsteller bestehenden Erfolgsaussichten (§ ZPO § 114 ZPO) hinsichtlich des erweiterten Gegenstandes der Vereinbarung zu überprüfen. Es besteht daher auch hier kein Anlass zu einer einschränkenden Auslegung der Bewilligungsentscheidung.

Die Gebühren berechnen sich danach wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
0,8-Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 1 VV  160,80 EUR
(Wert: 3.000,00 EUR)  
0,3-Terminsgebühr Nr. 3310 VV  24,00 EUR
(Wert: 1.000,00 EUR)  
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV  241,20 EUR
(Wert 3.000,00 EUR)  
1,5-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV  378,00 EUR
(Wert: 4.000,00 EUR)  

AGS 1/2016, S. 22 - 23

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