Die Entscheidung ist dem Grunde nach zutreffend. Mit Bewilligung und Beiordnung verliert der Anwalt das Recht, seine Partei in Anspruch zu nehmen, soweit die Gebühren während des Zeitpunkts der Beiordnung (erneut) ausgelöst worden sind (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Daher muss er insoweit mit der Staatskasse abrechnen können.

Mit Abschluss eines Widerrufsvergleichs ist das Verfahren noch nicht beendet. Das Verfahren endet vielmehr erst dann, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen oder auf Widerruf verzichtet worden ist.

Daher führt die Beiordnung während der Widerrufsfrist dazu, dass dem Anwalt für das Betreiben des Verfahrens (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) eine Verfahrensgebühr aus der Landeskasse zu zahlen ist.

Werden in dieser Phase keine Anträge mehr gestellt, keine Schriftsätze eingereicht und keine Termine mehr wahrgenommen, dann verbleibt es insoweit zutreffend bei der 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV. Dass zuvor (also vor der Beiordnung) die volle Gebühr ausgelöst worden ist, ist unerheblich, da sich die Beiordnung darauf nicht erstreckt.

Hinzu kommt auch die Einigungsgebühr, denn das Abraten vom Widerruf ist ausreichende Mitwirkung i.S.d. Nr. 1000 VV.

Allerdings ist hier die Berechnung des OLG unzutreffend. Der Anwalt hätte aus dem Gesamtwert von Verfahren und Vergleich die 0,8-Gebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV erhalten müssen. Die Einigungsgebühr hätte nur aus dem Wert des Verfahrens mit 1,0 angesetzt werden dürfen, im Übrigen mit 1,5, da hier ein nicht anhängiger Mehrwert vorlag:

 
Praxis-Beispiel
 
0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV 2.154,00 EUR 160,80 EUR
1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1003, 1000 VV 1.462,00 EUR 115,00 EUR
1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV 692,00 EUR 120,00 EUR
die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, 1,5 aus 2.154,00 EUR ist nicht überschritten    
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV   20,00 EUR
19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV   79,00 EUR
Gesamt 494,80 EUR

Die Auffassung, dass bereits die Bewilligung von PKH für den Mehrwert eines Vergleichs zur Gebührenreduzierung führe, ist unzutreffend und gesetzwidrig.[1]

Norbert Schneider

AGS 1/2015, S. 42 - 44

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