a) Auf den Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers gegen die Staatskasse sind in materiell-rechtlicher Hinsicht nach § 61 Abs. 1 S. 1 RVG die Vorschriften des RVG anzuwenden, weil der Beschwerdeführer nach dem 1.7.2004 gerichtlich bestellt worden ist. Dass er bereits vor diesem Zeitpunkt als Wahlverteidiger tätig war, ändert hieran nichts (vgl. OLG Jena NJOZ 2005, 3709; BT-Drucks 15/1971, S. 203).

b) Dem Beschwerdeführer steht ein Anspruch auf Festsetzung von Verfahrensgebühren nach Nr. 4143 VV gegen die Staatskasse nicht zu.

Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Umfang des Vergütungsanspruches des Rechtsanwaltes gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist.

aa) Die Bestellung des Beschwerdeführers zum Pflichtverteidiger des Angeklagten nach §§ 140, 141 StPO als solche umfasste das Tätigwerden zur Abwehr der gegen den Angeklagten gerichteten Adhäsionsanträge nicht.

(1) In der obergerichtlichen Rspr. und der Lit. wird die Frage, ob die Bestellung zum Pflichtverteidiger auch das Tätigwerden zur Abwehr von Adhäsionsanträgen umfasst, unterschiedlich beantwortet. Nach der wohl überwiegenden Auffassung in der obergerichtlichen Rspr. ist die Abwehr von Adhäsionsanträgen nicht von der Bestellung zum Pflichtverteidiger umfasst (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.4.2012 – III-1 Ws 84/12 [= AG kompakt 2012, 103]; KG, Beschl. v. 24.6.2010 – 1 Ws 22/09; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.6.2010 – 2 Ws 237/09; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.4.2010 – 1 Ws 178/10 [= AGS 2010, 427]; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.4.2009 – 1 Ws 38/09 [= AGS 2009, 387]; OLG Bamberg, Beschl. v. 22.10.2008 – 1 Ws 576/08; OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2008 – 1 Ws 142/08 [= AGS 2009, 69]; OLG Jena, Beschl. v. 14.4.2008 – 1 Ws 51/08; OLG Celle, Beschl. v. 6.11.2007 – 2 Ws 143/07 [= AGS 2008, 229]; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.9.2006 – 1 Ws 347/06; OLG München, Beschl. v. 26.11.2001 – 2 Ws 1340/01). Nach a.A. umfasst die Bestellung zum Pflichtverteidiger nach §§ 140, 141 StPO auch das Tätigwerden im Adhäsionsverfahren (OLG Rostock, Beschl. v. 15.6.2011 – I Ws 166/11 [= AGS 2011, 540]; OLG Dresden, Beschl. v. 13.6.2007 – 1 Ws 155/06 [= AGS 2007, 404]; OLG Köln, Beschl. v. 29.6.2005 – 2 Ws 254/05 [= AGS 2005, 436]; OLG Hamm [2. Strafsenat], Beschl. v. 31.5.2001 – 2 (s) Sbd 6 – 87/01 [= AGS 2002, 110]; OLG Schleswig NStZ 1998, 101 [= AGS 1998, 6]; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. [2012], § 140 Rn 5).

(2) Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung und hier insbesondere den in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen in den oben zitierten Beschlüssen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Hamburg an. Entscheidend für die Auffassung des Senats sind hierbei namentlich folgende Erwägungen:

(a) § 404 Abs. 5 StPO sieht für die gerichtliche Entscheidung, dem Angeklagten zur Abwehr von gegen ihn gerichteten Adhäsionsanträgen einen Rechtsanwalt beizuordnen, ein besonderes Verfahren vor, das sich sowohl in seinem Ablauf als auch in den anzuwendenden Entscheidungsmaßstäben von dem Verfahren zur Bestellung eines Pflichtverteidigers unterscheidet. Während die Bestellung eines Pflichtverteidigers grundsätzlich keinen hierauf gerichteten Antrag des Angeklagten voraussetzt, sondern auch von Amts wegen erfolgen kann (vgl. § 140 Abs. 2 S. 1 StPO), macht § 404 Abs. 5 S. 1 StPO die Beiordnung von einem Antrag des Angeklagten abhängig. Inhaltlich gelten auch nicht die in § 140 StPO dargelegten Maßstäbe für die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Verteidigers; vielmehr sieht § 404 Abs. 5 S. 1 StPO vor, dass dem Angeklagten Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bewilligt werden kann und ihm im Rahmen der Bewilligungsentscheidung in entsprechender Anwendung des § 121 ZPO ein Rechtsanwalt beigeordnet werden kann. Die Regelung in § 404 Abs. 5 S. 2 StPO setzt dabei voraus, dass der Durchführung dieses Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens der Umstand, dass der von einem Adhäsionsantrag betroffene Angeklagte bereits einen Verteidiger hat, nicht entgegensteht. Hieraus ergibt sich, dass nur ein Rechtsanwalt, der dem Angeklagten im Rahmen einer Prozesskostenhilfebewilligung nach § 404 Abs. 5 StPO beigeordnet worden ist, i.S.d. § 48 Abs. 1 RVG mit der Abwehr von Adhäsionsanträgen betraut ist und insofern einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat.

(b) Es besteht kein Anlass, § 404 Abs. 5 StPO einschränkend dahin auszulegen, dass die Vorschrift im Anwendungsbereich des § 140 StPO keine Anwendung findet. Eine derartige Einschränkung lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Regelungszusammenhang der Vorschrift entnehmen. Auch Sinn und Zweck der Regelungen über die Pflichtverteidigerbestellung einerseits und der Regelung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in § 404 Abs. 5 StPO andererseits sprechen gegen eine derartige Einschränkung.

(aa) Die Vorschrift des § 140 StPO enthält eine Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips. Mit der Bestellung eines Verteidigers ohne Rücksicht...

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