Die Verfahren wegen der Zulassung der Sprungrevision (§ 566 ZPO) und der Sprungrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG), über die der BGH als Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht entscheidet, werden von § 16 Nr. 11 RVG erfasst. Die anwaltliche Tätigkeit ist folglich dem Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdeverfahren zuzuordnen.

Für die Gebühren gilt Vorbem. 3.2 Abs. 1 VV, sodass die für die Revision bzw. Rechtsbeschwerde entstehenden Gebühren zur Anwendung kommen. Die 2,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3208 VV wird bereits mit Stellung des Zulassungsantrags verdient. Hingegen entsteht nur eine 1,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3209 VV, wenn der gegnerische Anwalt sich nur bestellt oder eine Einwilligungserklärung nach § 566 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO abgibt.[4] Die Einwilligungserklärung des Gegners ist nach § 19 Abs. 1 S. 1 RVG dem jeweiligen Rechtszug zuzuordnen und somit noch dem unteren Rechtszug, wenn der dort bestellte Anwalt die Erklärung abgibt.[5] Wird sie bereits vom für das Rechtsmittelverfahren beauftragten Anwalt abgegeben, zählt sie zum Rechtsmittelrechtszug.

Erfolgt lediglich eine teilweise Zulassung von Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, entsteht die Verfahrensgebühr zwar nach dem Gesamtwert, der sich nach den Gegenständen richtet, für den die Zulassung beantragt war. Soweit aber Gebühren nur im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren anfallen, wie etwa die Terminsgebühr, sind sie nur nach dem (geringeren) Wert des Rechtsmittelverfahrens zu berechnen.

Entscheidet über die Zulassung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde noch das Ausgangsgericht (vgl. § 76 Abs. 3, § 96a Abs. 2 ArbGG, § 161 Abs. 3 SGG, § 134 Abs. 3 VwGO), ist das Zulassungsverfahren wegen § 19 Abs. 1 S. 1 RVG noch der ersten Instanz zuzuordnen und mit den dortigen Gebühren abgegolten.

 

Beispiel 3

In einer Zivilsache wegen 20.000,00 EUR wird die Zulassung der Sprungrevision beantragt. Der BGH lässt diese vollumfänglich zu. Im nachfolgenden Revisionsverfahren ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil.

Es ist folgende Vergütung entstanden:

 
1. 2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3208 VV 1.890,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
2. 1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV 1.233,00 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 597,28 EUR
  Gesamt 3.740,88 EUR

Zulassungs- und Revisionsverfahren bilden eine einheitliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 11 RVG). Die Gebühren und Auslagen fallen nur einmal an.

 

Beispiel 4

In einer Zivilsache wegen 20.000,00 EUR wird die Zulassung der Sprungrevision beantragt. Der Anwalt des Gegners teilt lediglich seine Bestellung mit. Weitere Schriftsätze gehen bei Gericht nicht ein. Der BGH lehnt die Zulassung der Sprungrevision ab.

Für den gegnerischen Anwalt ist folgende Vergütung entstanden:

 
1. 1,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3209 VV 1.479,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 284,92 EUR
  Gesamt 1.784,52 EUR

Zulassungs- und Revisionsverfahren bilden eine einheitliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 11 RVG). Die Gebühren und Auslagen fallen nur einmal an.

 

Beispiel 5

In einer Zivilsache wegen 40.000,00 EUR wird die Zulassung der Sprungrevision beantragt. Der BGH lässt diese nur hinsichtlich 15.000,00 EUR zu. I.Ü. wird die Zulassung abgelehnt. Im nachfolgenden Revisionsverfahren ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil.

Es ist folgende Vergütung entstanden:

 
1. 2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3208 VV 2.569,10 EUR
  (Wert: 40.000,00 EUR)  
2. 1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV 1.077,00 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 696,56 EUR
  Gesamt 4.362,66 EUR

Zulassungs- und Revisionsverfahren bilden eine einheitliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 11 RVG). Die Gebühren und Auslagen fallen nur einmal an. Die Terminsgebühr richtet sich jedoch nach dem geringeren Wert, da sie nur im Revisionsverfahren angefallen ist.

[4] AnwK-RVG/Fölsch/N. Schneider/Thiel/Volpert, a.a.O., § 16 Rn 244.
[5] Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, 25. Aufl., 2021, § 19 Rn 96.

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