1. In der Praxis wird um den Anfall der Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV immer wieder gestritten. So auch in dem vom LG Osnabrück entschiedenen Fall. Dabei geht es aber nicht um allgemeine Fragen des Entstehens dieser Terminsgebühr, bei der es sich um eine "normale" Terminsgebühr i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 3 VV handelt (vgl. dazu eingehend Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Vorbem. 4 VV Rn 65 ff. und Nr. 4102 VV Rn 7 ff.). Daher spielt es keine Rolle, dass der Rechtsanwalt ggf. nur zeitweise an der (Video-)Vernehmung teilgenommen hat. Das hat auf das Entstehen der Gebühr keinen Einfluss. Einfluss kann die beschränkte Teilnahmezeit allenfalls beim Wahlanwalt auf die Höhe der Gebühr haben, da über § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Länge der Teilnahmezeit für die Höhe/Bemessung der Terminsgebühr mitbestimmend ist. Die Frage spielte hier aber bei der Festsetzung der Festbetragsgebühren für den Pflichtverteidiger keine Rolle.

2. Inzidenter hat das LG auch die bisher in der Rspr. noch nicht entschiedene Frage entschieden, ob die Vernehmungsterminsgebühr auch anfällt, wenn der Rechtsanwalt an einer sog. Videovernehmung teilnimmt. Das LG hat die Frage bejaht, was m.E. zutreffend ist. Denn auch in diesen Fällen handelt es sich um einen Termin i.S.d. Nr. 4102 VV, da auch diese (virtuelle) Art von Zusammentreffen zu einem (vom Gericht) bestimmten Zeitpunkt stattfindet (s.a. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, VV 4102 Rn 5 und Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4102 VV Rn 11). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Rechtsanwalt/Verteidiger seine Teilnahme an einer Videovernehmung nicht honoriert bekommen soll. Das hat in all den Fällen Bedeutung, in den die StPO Videovernehmungen/-konferenzen zulässt. Das ist nach den Änderungen durch das "Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren v. 25.4.2013" u.a. in den Fällen der §§ 58b, 118a Abs. 2 S. 2, § 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 58b StPO der Fall. Auch in diesen Fällen entsteht daher ggf. eine Vernehmungsterminsgebühr.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 11/2022, S. 515 - 516

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