1. Einheitliche Angelegenheit

Grund- und Betragsverfahren gelten als einheitliche Angelegenheit, sodass der Anwalt die Verfahrens- und Terminsgebühr nur einmal fordern kann (§ 15 Abs. 2 RVG). Gleiches gilt für die Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV.

 

Beispiel 1

Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil. Danach ergeht im Betragsverfahren nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Der Streitwert wird auf 25.000,000 EUR festgesetzt.

Es ist folgende Vergütung entstanden:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.136,20 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.048,80 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 418,95 EUR
  Gesamt 2.623,95 EUR

Es handelt sich um eine Angelegenheit, sodass für das Betragsverfahren keine gesonderten Gebühren und Auslagen entstehen.

2. Berufungsverfahren

Bereits gegen das Grundurteil kann Berufung eingelegt werden, da es in dieser Hinsicht einem Endurteil gleichsteht (§ 304 Abs. 2 ZPO). Im Verhältnis zum erstinstanzlichen Verfahren handelt es sich selbstverständlich um eine eigenständige Angelegenheit (§ 17 Nr. 1 RVG).

Auch wenn sowohl zunächst gegen das Grundurteil und später auch gegen das Endurteil Berufung eingelegt wird, handelt es sich bei den beiden Rechtsmittelverfahren untereinander um verschiedene Angelegenheiten. Gebühren und Auslagen entstehen gesondert. Eine Anrechnungsregelung besteht nicht.

 

Beispiel 2

Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil. Gegen dieses Urteil wird vollumfänglich Berufung eingelegt. Diese wird nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen, das Grundurteil also bestätigt. Danach findet vor dem Ausgangsgericht das Betragsverfahren statt. Hier ergeht nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Auch gegen dieses Urteil wird Berufung eingelegt, über die nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden wird. Der Streitwert wird in der ersten Instanz sowie in beiden Berufungsverfahren jeweils 25.000,00 EUR festgesetzt.

Es ist folgende Vergütung entstanden:

 
I. Erstinstanzliches Verfahren  
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.136,20 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.048,80 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 418,95 EUR
  Gesamt 2.623,95 EUR

 

 
II. Berufung gegen Grundurteil  
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.398,40 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV 1.048,80 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 468,77 EUR
  Gesamt 2.935,97 EUR

 

 
III. Berufung gegen Endurteil  
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.398,40 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV 1.048,80 EUR
  (Wert: 25.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 468,77 EUR
  Gesamt 2.935,97 EUR
  Gesamt I. + II. + III. 8.495,89 EUR

Beide Rechtsmittelverfahren bilden jeweils verschiedene Angelegenheiten. Wegen der Problematik der Zurückverweisung infolge einer Berufung gegen das Grundurteil s. unten II. 3.

3. Bestätigung des Grundurteils durch Berufungsgericht

Wird das Grundurteil durch das Berufungsgericht bestätigt und wird die Sache an das Ausgangsgericht zurückgegeben, um dort über das Betragsverfahren zu entscheiden, so liegt keine Zurückverweisung i.S.d. § 21 Abs. 1 RVG vor. Das wird seit der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004 und den dortigen Entscheidungsgründen als unstreitig gelten.[4] Es bleibt daher dabei, dass Grund- und Betragsverfahren als einheitliche Angelegenheit zu betrachten sind und keine gesonderten Gebühren anfallen.

Der BGH hat dabei darauf verwiesen, dass es trotz der in § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO enthaltenen Formulierung anerkannt sei, dass die ein Grundurteil bestätigende Entscheidung eines Rechtsmittelgerichts keine Zurückverweisung darstelle. Daran mangele es schon deshalb, weil der Rechtsstreit auch während des Rechtsmittelverfahrens gegen das Zwischenurteil bei dem Vordergericht anhängig bleibt und neben diesem Verfahren fortgeführt werden könne. Ein Urteil, durch das ein Rechtsmittel gegen ein Grundurteil zurückgewiesen werde, habe deshalb auch nicht die Zurückverweisung, sondern die Zurückweisung des Rechtsmittels auszusprechen und auch eine Kostenentscheidung zu enthalten, für die ansonsten kein Raum wäre. Eine Zurückverweisung komme nur in Betracht, wenn das angefochtene Urteil von dem Rechtsmittelgericht nicht gebilligt und daher aufgehoben werde, was bei der Zurückweisung des Rechtsmittels gegen ein Grundurteil gerade nicht der Fall sei.

Zutreffend hat der BGH zudem darauf hingewiesen, dass eine andere Handhabung auch dem Sinn und Zweck von § 21 Abs. 1 RVG nach nicht erforderlich sei. Mit der Regelung solle die Mehrarbeit des Rechtsanwalts honoriert werden, da die Aufhebung eines Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die untere Instanz für den...

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