1.) Über die Beschwerde war gem. § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die in S. 2 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

2.) Das gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthafte und auch i.Ü. zulässige (§§ 567 Abs. 2; 569 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 ZPO) Rechtsmittel des Beklagten ist in der Sache unbegründet.

a) Für die Prozessbevollmächtigte des Klägers ist im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren u.a. eine Verfahrensgebühr entstanden (Nr. 3100 VV). Bereits zuvor war für die außergerichtliche Vertretung eine 1,3-Geschäftsgebühr entstanden (Nr. 2300 VV). Die Geschäftsgebühr selbst gehört nicht zu den Kosten des Rechtsstreits (BGH NJW 2008, 1323 Rn 5 [= AGS 2008, 158]). Sie kann daher nicht auf Grundlage der Kostenentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren beansprucht werden, sondern muss eingeklagt werden. Die Bestimmung des § 15a Abs. 1 RVG regelt die Gebührenforderung des Anwalts gegenüber dem Mandanten im Innenverhältnis, wenn ein Anrechnungstatbestand eingreift. Ein solcher Anrechnungstatbestand ergibt sich im Streitfall aus Vorbem. 3 Abs. 4 VV.

b) Der Beklagte hat nach der rechtskräftigen Kostenentscheidung die erstinstanzlichen Prozesskosten zu tragen. Die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) ist von der kostenpflichtigen Partei grds. voll und ganz zu erstatten. Die alte Rspr., wonach die Verfahrensgebühr wegen der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgesehenen Anrechnung der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht (vgl. noch BGH NJW 2008, 1323, Rn 10 [= AGS 2008, 158]), ist nach Inkrafttreten des § 15a RVG am 5.8.2009 aufgegeben worden (BGH, Beschl. v. 22.6.2011 – I ZB 86/10 – Abzug der Geschäftsgebühr IV). Der Berücksichtigung der hälftigen Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr steht im Verhältnis zum Beklagten die Regelung des § 15a Abs. 2 RVG entgegen. Dieser zufolge kann sich ein Dritter – also derjenige, der wie der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Vergütung nicht selbst schuldet – auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

(1) Ein solcher Ausnahmefall ist nicht gegeben. Der Beklagte hat die Geschäftsgebühr nicht bezahlt. Es besteht insoweit auch kein wirksamer Vollstreckungstitel gegen ihn. Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren die 1,3-Geschäftsgebühr gegenüber dem Beklagten auch nicht (mehr) geltend. Er hat mit Schriftsatz v. 12.1.2020 die Klage im Hinblick auf die Abmahnkosten vollständig zurückgenommen.

(2) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, dem Kläger stehe hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten kein Kostenerstattungsanspruch auf § 12 UWG zu. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger im Streitfall gegen den Beklagten nach der Entscheidung des BGH "Anwaltsabmahnung II" (I ZR 33/16) kein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zusteht, da jedenfalls der Kläger diesen Antrag im Verfahren vollständig zurückgenommen hat, was der Beklagte übersieht. Eine andere Frage ist, welche Prozesskosten der Beklagte zu tragen hat. Bei der außergerichtlichen Geschäftsgebühr und der (gerichtlichen) Verfahrensgebühr handelt es sich um unterschiedliche Gebührentatbestände. Der Umstand, dass der Beklagte die Geschäftsgebühr nicht zu erstatten hat, bedeutet gerade nicht, dass er auch die Verfahrensgebühr nur zur Hälfte tragen muss. Vielmehr findet eine Anrechnung nur im umgekehrten Fall statt. Sinn und Zweck der Anrechnung ist es, eine doppelte Honorierung von ähnlichen Tätigkeiten, die in unterschiedlichen gebührenrechtlichen Angelegenheiten anfallen, zu verhindern (BGH NJW-RR 2015, 189 Rn 15 [= AGS 2014, 498]). Muss der Beklagte für die außergerichtliche Vertretung des Klägers nicht aufkommen, bleibt es bei der vollen Verfahrensgebühr.

(3) Soweit schließlich der Beklagte der Auffassung ist, der Kostenfestsetzungsantrag sei insoweit schon abweisungsreif, weil der Beklagte eine materiell-rechtliche Einwendung vorbringe, übersieht er, dass die Frage der Anrechnung nach § 15a RVG eine prozessuale Einwendung darstellt, die im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen ist. Mangels Einschlägigkeit von § 15a RVG ist die Frage, ob vorgerichtlich eine Verfahrensgebühr entstanden ist, schlicht irrelevant.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4.) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht erfüllt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

AGS 11/2020, S. 542 - 543

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