Wird nach Kündigung eines Mietverhältnisses der Räumungsprozess geführt, so endet dieses Verfahren häufig mit einem Räumungsvergleich. Anlässlich dieses Vergleichs werden dann in der Regel auch weitere Modalitäten betreffend die Abwicklung des Mietverhältnisses geregelt. Es stellt sich dann die Frage, ob die weitergehenden Regelungen einen Mehrwert haben und gegebenenfalls in welcher Höhe.

I. Vergleich über sonstige streitige Forderungen

Eindeutig ist die Lage, wenn anlässlich des Räumungsvergleichs weitere streitige Forderungen zwischen den Parteien geregelt werden, die nicht anhängig sind. So liegt insbesondere dann ein Mehrwert des Vergleichs vor, wenn mit dem Räumungsvergleich gleichzeitig ein Streit über durchzuführende Schönheitsreparaturen oder Renovierungsarbeiten, gegebenenfalls auch Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache erledigt wird. Das Gleiche gilt, wenn eine Einigung über abzugeltende Ansprüche des Vermieters wegen der von ihm eingebrachten Einbauten getroffen wird oder über einen Ausgleich für Aufwendungen zur Verbesserung der Mietwohnung. Vereinbarungen über den Rückbau von Ein- und Aufbauten des Mieters erhöhen ebenfalls den Wert. Des Weiteren wird sich häufig anlässlich der Räumung über streitige Mietrückstände aufgrund einer Mietminderung oder eines Zurückbehaltungsrechts geeinigt oder auch über streitige Ansprüche aus einer Betriebskostenabrechnung.

Eine Vereinbarung über die Rückzahlung der Mietkaution ist dagegen in der Regel nicht werterhöhend, da der Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution selbst in aller Regel dem Grunde nach unstreitig ist. Wenn eine Vereinbarung über die Rückzahlung der Mietkaution getroffen wird, steckt dahinter allerdings häufig eine Verrechnung mit streitigen Ansprüchen, so dass deren Wert dann den Vergleichsmehrwert ausmacht.

Die Vereinbarung über die Aufhebung des Mietverhältnisses hat niemals einen Mehrwert, da es sich insoweit um den Vergleich über den anhängigen Räumungsanspruch handelt.

Gleiches gilt, wenn der Vergleich nicht auf Räumung lautet, sondern die Parteien eine Fortsetzung des Mietverhältnisses vereinbaren. Auch insoweit liegt kein Mehrwert vor, da insoweit lediglich eine Einigung über den Räumungsanspruch getroffen wird.[1]

II. Umzugsbeihilfe

Häufig wird im Vergleichswege dem Mieter eine "Umzugsbeihilfe" oder eine "Abfindung" zugesagt, wenn er auszieht. Gegebenenfalls sind diese Zahlungen auch an einen bestimmten Räumungstermin geknüpft, u.U. sogar gestaffelt, so dass der Mieter eine umso höhere Ausgleichszahlung erhält, je früher er räumt.

Diese Vereinbarungen haben in der Regel keinen Mehrwert, da ihnen keine streitige Forderung zugrunde liegt. Vielmehr werden Umzugsbeihilfe und Abfindung dafür gezahlt, dass der Mieter sich bereit erklärt, dem Räumungsverlangen nachzukommen. Die Zahlung soll lediglich die Auszugsbereitschaft des Mieters erhöhen, ist aber selbst kein Streitpunkt.[2]

Wird die Umzugsbeihilfe oder die Abfindung dagegen als Gegenleistung zur Abgeltung anderer nicht anhängiger Ansprüche gewährt, dann wirkt sich dies werterhöhend aus. Maßgebend ist dann der Wert des Anspruchs, der durch die Umzugsbeihilfe abgegolten werden soll. So ist eine Abfindung oder Umzugsbeihilfe werterhöhend, wenn sie vereinbart wird

  als Gegenleistung für teilweisen Verzicht auf Räumungsfrist;[3]
  zur Abgeltung eventueller Schadensersatzansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache;[4]
  zur Abgeltung eventueller Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung.[5]

III. Verzicht auf Räumungs- und Vollstreckungsschutz

Verzichtet der Mieter im Vergleichswege auf Räumungs- und Vollstreckungsschutz, soweit gesetzlich zulässig, so liegt insoweit wiederum ein Mehrwert vor. Da es sich bei den Ansprüchen auf Räumungsfrist und Vollstreckungsschutz um selbstständige Ansprüche handelt, die der Mieter gesondert geltend machen kann und zum Zeitpunkt des Räumungsvergleichs zumindest ungewiss ist, ob solche Ansprüche in Betracht kommen werden, beseitigt ein Räumungsvergleich unter Verzicht auf solche Ansprüche die Ungewissheit darüber, so dass insoweit ein Vergleichsmehrwert vorliegt. Dies ist einhellige Rechtsprechung. Lediglich die Bewertung wird unterschiedlich vorgenommen.

Die Rechtsprechung nimmt insoweit überwiegend 20 % der Jahresmiete an.[6] Das OLG Stuttgart[7] setzt demgegenüber drei Monatsmieten an.

 

Beispiel

Der Vermieter kündigt fristlos das Mietverhältnis (monatliche Kaltmiete 500,00 EUR) und erhebt im Januar Räumungsklage. Im März findet der Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Dort vergleichen sich die Parteien dahingehend, dass der Mieter zum 31. Mai des Jahres die Wohnung räumt und herausgibt. Gleichzeitig vereinbaren die Parteien, dass der Mieter – soweit gesetzlich zulässig – im Gegenzug auf Räumungs- und Vollstreckungsschutz verzichtet.

Es liegt eine Einigung vor. Ausgehend von dem Klageantrag hätte der Mieter sofort räumen müssen. Ihm ist eine "Ziehfrist" bis Ende Mai bewilligt worden. Dafür verzichtet er im Gegenzug auf ...

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