Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 269 Abs. 5, 567 ZPO zulässig und sachlich auch begründet.

Das LG hat zu Unrecht den Antrag des Klägers auf Erlass einer Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 u. Abs. 4 ZPO als unzulässig zurückgewiesen.

Nach einer Klagrücknahme hat im Grundsatz gem. § 269 Abs. 3 S. 2, Hs. 1 ZPO der Kläger allein die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Aufgrund der unstreitigen außergerichtlichen Einigung der Parteien auf eine Kostenquote hat die Kammer zu Recht ausgeführt, dass hier die Ausnahmeregelung des § 269 Abs. 3, S. 2, Hs. 2 ZPO erfüllt ist, weil sich eine (teilweise) Kostenlast der Beklagten "aus einem anderen Grund" ergibt.

Anlass für die Ausnahmeregelung war die Neufassung des § 93d ZPO durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6.4.1998 (BGBl I, S. 66; vgl. BGH, Beschl. v. 6.7.2005 – IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662). Durch das ZPO-ReformG v. 27.7.2001 (BGBl I, S. 1887) ist § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nur redaktionell angepasst worden. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-ReformG sollte klargestellt werden, dass dem Kläger die Kosten dann nicht auferlegt werden können, wenn einer der schon bisher von der Rspr. anerkannten Ausnahmefälle vorliegt (BGH, a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drucksache 14/4722 S. 80). Dazu gehört insbesondere auch eine von § 269 Abs. 3, S. 2, Hs. 1 ZPO abweichende Regelung der prozessualen Kostenlast in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich (vgl. BGH, Beschl. v. 24.7.2004 – XII ZB 4/04, FamRZ 2004, 1552; BGH, Beschl. v. 6.7.2005, a.a.O.).

Nach § 269 Abs. 4 ZPO entscheidet das Gericht über die Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3, S. 2 ZPO durch Beschluss auf Antrag des Klägers oder des Beklagten. Die Regelung der Kostenlast in einem außergerichtlichen Vergleich nimmt dem Kostenantrag nicht das Rechtsschutzinteresse und macht ihn folglich nicht unzulässig (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 269 Rn 72).

Die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist zwar von einem Automatismus geprägt und verbietet grundsätzlich die Prüfung materiell rechtlicher Anspruchsgrundlagen (vgl. Stein/Jonas-Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn 51 m.w.Nachw.). Die Abweichung von der Kostentragungspflicht des Klägers durch Berücksichtigung gesetzlich geregelter oder von der Rspr. anerkannter Ausnahmefälle zu Lasten des Beklagten bedeutet jedoch nicht, dass im Rahmen des § 269 Abs. 4 ZPO bei der Kostengrundentscheidung nach Klagrücknahme eine bestehende materiell rechtliche Kostenerstattungspflicht (z.B. aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs) generell nicht berücksichtigt werden darf. Vielmehr ist auf Antrag des Klägers (im Fall einer – teilweisen – materiell-rechtlichen Erstattungspflicht des Beklagten aus einem außergerichtlichen Vergleich) eine Kostengrundentscheidung nach §§ 269 Abs. 3, S. 2, Hs. 2 und Abs. 4 ZPO zu erlassen. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren entscheidet der Rechtspfleger (§§ 103 ff. ZPO, 21 RPflG) nämlich auf Grundlage der richterlichen Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3, S. 2, Hs.2 ZPO. Würde es an einem entsprechenden Beschluss nach § 269 Abs. 4 ZPO fehlen, müsste der Rechtspfleger im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren bei einer Klagrücknahme nämlich von dem Grundsatz der alleinigen Kostentragungspflicht des Klägers ausgehen (vgl. Stein/Jonas-Roth, ZPO, a.a.O., § 269 Rn 60).

Die von der Kammer zitierten Entscheidungen zum Fehlen eines entsprechenden Rechtsschutzbedürfnisses (OLG München, Urt. v. 23.6.1975 – 10 W 1114/75, VersR 1976, 395; KG, Urt. v. 14.6.1993 – 12 W 3057/93, VersR 1994, 1491) betreffen einen anderen Sachverhalt. Dort ging es jeweils nach einem außergerichtlichen Vergleich um Anträge des Beklagten auf Kostentragung durch den Kläger gem. § 269 Abs. 3, S. 2, Hs. 1 ZPO (wonach der Kläger im Grundsatz alle Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat). Ein solcher Antrag wäre wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig, weil sich der Beklagte schuldrechtlich (in Form eines außergerichtlichen Vergleichs) unstreitig verpflichtet hat, die Kosten (teilweise) zu tragen. Nur in einem solchen Fall besteht für eine gerichtliche Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO kein Raum.

Zu Recht weist der Kläger im Übrigen darauf hin, dass die beantragte Kostengrundentscheidung der Rechtsklarheit dient und die Durchsetzung der vertraglich vereinbarten Kostenverteilung im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren vereinfacht. Die sofortige Beschwerde ist damit begründet.

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