RVG VV Nr. 4141

Leitsatz

Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV fällt nicht an, wenn der Verteidiger den Verurteilten dahingehend berät, ein den Rechtszug beendendes Urteil oder den erlassenen Strafbefehl hinzunehmen und kein Rechtsmittel einzulegen.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.5.2009–2 Ws 132/09

1 Sachverhalt

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Beschuldigten Anklage zum AG erhoben und ihm einen Pflichtverteidiger beigeordnet. Nach Zulassung der Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens fand vor dem AG ein Hauptverhandlungstermin statt, zu dem der Angeklagte nicht erschienen war. Der Vorsitzende regte in diesem Termin an, das Verfahren gem. § 408a StPO in das Strafbefehlsverfahren überzuleiten. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte für den Fall, dass durch den staatsanwaltschaftlichen Sachbearbeiter kein Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt werde, den Erlass eines Vorführungs- oder Haftbefehls. Der Verteidiger gab keine Erklärung ab. Die Hauptverhandlung wurde sodann ausgesetzt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft, nach § 408a StPO zu verfahren, erließ das AG am 8.4.2008 gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen des Tatvorwurfs der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln und verhängte gegen ihn eine Geldstrafe. Dieser Strafbefehl, gegen den ein Einspruch nicht eingelegt wurde, ist rechtskräftig.

Später beantragte der Pflichtverteidiger die ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten festzusetzen, darunter auch eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV. Hierzu führte er aus, dass er nach Zustellung des Strafbefehls dem Angeklagten geraten habe, den Strafbefehl zu akzeptieren, weil bei Durchführung der Hauptverhandlung ein besseres Ergebnis nicht zu erzielen sei. Der Angeklagte sei diesem Rat gefolgt, so dass ein Einspruch nicht eingelegt worden sei und ein weiterer Hauptverhandlungstermin habe vermieden werden können.

Der Bezirksrevisor führte hierzu aus, dass nach dem klaren Gesetzestext eine Befriedigungsgebühr nach Nr. 4141 VV nicht entstanden sei. Insoweit werde beantragt, das Festsetzungsbegehren zurückzuweisen.

Der Verteidiger nahm seinerseits Stellung und vertrat die Auffassung, dass der Gesetzgeber die vorliegende Fallgestaltung überhaupt nicht berücksichtigt habe, weshalb in analoger Anwendung der Nr. 4141 VV diese Gebühr zuzusprechen sei. Im Übrigen könne es nicht sein, dass der Verteidiger gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen müsse, um ihn dann postwendend wieder zurückzunehmen, nur um die Gebühr nach Nr. 4141 VV zu verdienen.

Das AG setzte die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV antragsgemäß fest.

Gegen diesen Beschluss legte der Bezirksrevisor Erinnerung ein, der nicht abgeholfen wurde. Auf die zugelassene Beschwerde hin setzte das LG die zusätzliche Gebühr ab.

Hiergegen legte der Pflichtverteidiger weitere Beschwerde ein, die jedoch keinen Erfolg hatte.

2 Aus den Gründen

Die 1. Strafkammer des LG hat in der angefochtenen Beschwerdeentscheidung ausgeführt:

"Gesetzlich geregelt ist in Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV u.a. der Fall, dass durch die anwaltliche Mitwirkung eine Hauptverhandlung dadurch entbehrlich wird, dass sich das gerichtliche Verfahren durch rechtzeitige Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl erledigt. Eine Fallgestaltung, die vom Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV erfasst wäre, ist ersichtlich nicht gegeben. Denn vorliegend war der Verfahrensgang dergestalt, dass nach Eröffnung des Hauptverfahrens und im Anschluss an einen Hauptverhandlungstermin nach § 408a StPO in das Strafbefehlsverfahren übergegangen wurde und es zum Erlass eines Strafbefehls kam, gegen den jedoch kein Einspruch eingelegt wurde. Von seinem Wortlaut her ist Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV eindeutig auf endgültig verfahrensbeendende Maßnahmen unter verfahrensfördernder anwaltlicher Mitwirkung gerichtet. Insoweit ist der vorliegende Fall jedenfalls schon deshalb nicht mit der gesetzlich geregelten Fallgestaltung vergleichbar, weil der Angeklagte auch gegen den dann erlassenen Strafbefehl durch eine Einspruchseinlegung nach § 410 Abs. 1 S. 1 StPO die Anberaumung einer Hauptverhandlung hätte erzwingen können (vgl. Lutz Meyer-Goßner, § 408a StPO Rn 6), mithin lediglich ein Übergang in eine andere Verfahrensart erfolgt ist, ohne dass damit zunächst eine Erledigung des Verfahrens verbunden war. Insoweit ist insbesondere zu sehen, dass vorliegend zum Zeitpunkt des Übergangs in das Strafbefehlsverfahren und dem Erlass des Strafbefehls auch gar nicht absehbar war, ob der Angeklagte den Strafbefehl akzeptieren würde, da nach Aktenlage offensichtlich eine Absprache zwischen Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht hinsichtlich der im Strafbefehl zu verhängenden Rechtsfolge als Grundlage für eine Erwartung dahingehend, dass dieser auch ohne weiteres rechtskräftig werden würde, nicht stattgefunden hat, sondern der Verteidiger dem Angeklagten erst nach Zustellung des Strafbefehls dazu geraten hat, diesen zu akzeptieren. Würde man jedenfalls im Falle eines vereinbarten Erlasses eines Strafbefehls nach § 408a StPO...

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