Der Entscheidung des LG Darmstadt ist in fast allen Punkten zuzustimmen. Das Gesetz regelt den Gläubigerausschuss in §§ 67 ff., 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO, was dessen Einsetzung und Aufgaben, und in § 73, §§ 63 Abs. 2, 64, 65 InsO, §§ 17 f. InsVV, was die Vergütung betrifft. Zum 1.1.2021 ist zudem das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts in Kraft getreten (SanInsFoG, BGBl I v. 29.12.2020, Nr. 66, 3256). Letzteres passt erstmals seit Bestehen der InsVV auch die Abrechnungsmöglichkeiten der Beteiligten im Gläubigerausschuss an. Diese – zutreffend missliche Lage, dass diese Regelsätze aus dem Jahr 2004 stammen und bis 2021 niemals angepasst wurden – können m.E. aber nicht dazu führen, per se in einer Art "Inflationsausgleich" stets von einer höheren Bemessung auszugehen. Der bisherige Betragsrahmen durfte auch bis zum 31.12.2021 für eine überwiegende Zahl der Fälle einen ausreichenden Spielraum bieten. Durch das SanInsFoG wurde zum 1.1.2021 die InsVV modifiziert und erstmals angepasst. Seither dürfte die Brisanz des entschiedenen Falles abgenommen haben. Dennoch kann nichts stets davon ausgegangen werden, dass in älteren Fällen ein Inflationsausgleich heranzuziehen sein wird.

Betrachtet man die Verantwortung des Ausschusses und seine "Kontrollaufgaben", sowie die stetig gesteigerte Haftungsproblematik durch den BGH, so hat der BGH (Urt. v. 9.10.2014 – IX ZR 140/11, ZInsO 2014, 2361) bereits mehrfach auch bei Ausschussmitgliedern eine Pflichtwidrigkeitsverletzung bei mangelhafter Kontrolle und Kassenprüfung angenommen, dann erscheint es aber auch mehr als gerecht, die Vergütung für den Gläubigerausschuss "angemessen" festzusetzen, denn letztlich will man keine Laien im Ausschuss, sondern "Player" auf Augenhöhe mit dem Verwalter – nur so kann ein effektives Korrektiv zum freien Verwalterhandeln aufgebaut werden. Regelvergütungsform ist der sog. Zeitaufwand, den ein Mitglied des Ausschusses notwendigerweise betrieben hat. Dies indiziert, dass gerade "nicht notwendige Tätigkeiten" nicht zu vergüten sind. Auch Tätigkeiten vor Bestellung sind nicht zu vergüten. Nach § 17 Abs. 1 S. 1 InsVV stellt die Honorierung nach Zeitaufwand die Regelvergütungsform dar. Diese wird für jedes Ausschussmitglied individuell berechnet und festgesetzt. Folglich setzt die Vergütung auch stets einen individuellen Antrag des (jeweils) einzelnen Mitglieds voraus. Letzteres indiziert auch eine jeweilige individuelle Abrechnung sowie natürlich die Möglichkeit, Zeit, Dauer, Höhe des Stundensatzes, Umfang etc. je Mitglied unterschiedlich abrechnen und festsetzen zu können. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Schwierigkeit des Verfahrens aber auch der individuelle Umfang der Mitarbeit des einzelnen Ausschussmitgliedes. Eine Abweichung bedarf einer besonderen Begründung. Bis 31.12.2020 ging man von einem Rahmenstundensatz zwischen 35,00 und 95,00 EUR aus, wobei man "in der Regel" von der Mittelgebühr von 65,00 EUR ausgegangen ist. Für die Geltendmachung des Honorars ist eine Darlegung der aufgewandten Zeit ("Stundenprotokolle") zu führen. Abrechnungsfähig sind dabei alle im Zusammenhang mit der Ausübung des Amtes stehenden Tätigkeiten zu vergüten. Zu Recht vertritt das LG Darmstadt dabei den Grundsatz, dass das Gesetz jedoch für unterschiedliche Tätigkeiten keinen unterschiedlichen Stundensatz sieht, sondern insgesamt der Stundenaufwand nach einem identischen Satz festzusetzen ist. Dieser soll sich im "Rahmen" bewegen. Nur wenn der vom Gesetzgeber vorgegebene Vergütungsrahmen nicht ausreichen sollte, gewinnt der Grundsatz einer angemessenen Vergütung die Oberhand und es kann selbst über den Rahmen hinaus im Einzelfall Beträge festgesetzt werden. Ein solcher Ausnahmefall lag offensichtlich vor und wurde auch dargelegt. Der Ansatz in Höhe eines "oberen" Bereiches muss daher in der Tat für das entsprechende Mitglied individuell bemessen und als angemessen betrachtet werden.

Dipl.-RPfl. Stefan Lissner, Konstanz

AGS 10/2022, S. 478 - 480

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