Sofern beide Eheleute zur Überlassung der Ehewohnung im selben Verfahren widerstreitende Anträge stellen, liegt kein Fall von Antrag und Widerantrag nach § 39 Abs. 1 FamGKG vor. Vielmehr ist von vornherein nur eine einzige Ehewohnungssache gegeben, die insgesamt nach § 48 Abs. 1 FamGKG zu bewerten ist. Ggfs. kommt insoweit eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG in Betracht.

Nach a. A.[6] sollen Antrag und Widerantrag gesondert bewerten werden, dann aber nach § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG nur der höhere der beiden Werte gelten, da es sich um denselben Gegenstand handele. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass es ungeachtet der widerstreitenden Anträge nur um eine Ehewohnungssache geht, die folglich nur einen (Gesamt-)Wert haben kann.[7] Folgt man dieser Gegenauffassung könnte eine Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG nur in Betracht kommen, wenn schon ein Antrag eine Anhebung rechtfertigt. Die Anhebung könnte jedoch nicht mit der Mehrheit der Anträge begründet werden.

 

Beispiel 6: Widerstreitende Anträge auf Überlassung der Ehewohnung

Nach der Trennung leben beide Eheleute weiterhin in der Ehewohnung, jedoch getrennt. Der Ehemann beantragt, ihm die Wohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Die Ehefrau beantragt demgegenüber, ihr die Wohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen.

Beide Anträge betreffen dieselbe Ehewohnungssache, nämlich die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung und damit denselben Gegenstand, so dass nur der einfache Wert des § 48 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG (vorbehaltlich des § 48 Abs. 3 FamGKG) i.H.v. 3.000,00 EUR anzusetzen ist.

Gleiches gilt, wenn der eine Ehegatte die Überlassung verlangt und der andere (ggfs. hilfsweise) die Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Allerdings ist auch in diesem Fall eine Erhöhung des Regelwerts nach § 48 Abs. 3 FamGKG möglich.

 

Beispiel 7: Antrag auf Überlassung der Ehewohnung und Widerantrag auf Nutzungsentschädigung

Die Ehefrau beantragt die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung. Der Ehemann beantragt die Abweisung des Antrags, hilfsweise die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.

Sowohl der Überlassungsantrag der Ehefrau als auch der (Hilfs-)Antrag des Ehemannes betreffen dieselbe Ehewohnungssache. Vorbehaltlich einer Anhebung nach § 48 Abs. 3 FamGKG ist nur der einfache Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob über den hilfsweise gestellten Zahlungsantrag entschieden wird oder dieser sich erledigt, weil keine Überlassung zugesprochen wird.

[6] AG Mayen AGS 2017, 474 = NJW-Spezial 2017, 605 = Familienrecht kompakt 2017, 212.
[7] Siehe dazu auch die vergleichbare Rspr. zum Umgangsrecht: OLG Bamberg AGS 2017, 130 = FamRZ 2017, 55.

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