Die Beschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung über die Erinnerung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung, § 11 Abs. 3 S. 2 RVG i.V.m. §§ 165, 151 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat keinen Erfolg. Das VG hat zutreffend entschieden, dass die Erinnerungsführerin und Beklagte des Ausgangsverfahrens für die Tätigkeit ihres Verfahrensbevollmächtigten im Berufungszulassungsverfahren keine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200, 3201 VV beanspruchen kann.

Die Verfahrensgebühr nach Nrn. 3200, 3201 VV entsteht, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Erfüllung seines Prozessauftrags im Rechtsmittelverfahren – nicht zwingend nach außen – tätig geworden ist und dies über die in § 19 Abs. 1 S. 2 RVG genannte Neben- und Abwicklungstätigkeit, die noch zum ersten Rechtszug gehört, hinausgeht. Eine bloße Neben- und Abwicklungstätigkeit i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG (Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber) liegt nicht mehr vor, wenn der Rechtsanwalt den begründeten Rechtsmittelschriftsatz entgegennimmt, diesen mit seinem Mandanten bespricht oder intern prüft, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll (Beschl. d. Senats v. 1.7.2015 – OVG 3 K 56.15, juris Rn 2).

Daran fehlt es hier. Die vom Verfahrensbevollmächtigten der Erinnerungsführerin nach eigenen Angaben vorgenommene Unterrichtung der Erinnerungsführerin darüber, dass der Berufungszulassungsantrag des Erinnerungsgegners beim VG eingegangen sei, wird von § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG ausdrücklich erfasst. Der Verfahrensbevollmächtigte der Erinnerungsführerin führt zwar auch aus, dass, als das VG ihn vom Eingang des Berufungszulassungsantrags des Erinnerungsgegners informiert habe, er sich veranlasst gesehen habe, die bestehende Rspr. zu recherchieren, sie der Erinnerungsführerin darzulegen und zu verdeutlichen, dass in der Rspr. Unsicherheiten bestünden; hierbei kann es sich aber nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem vom Erinnerungsgegner eingelegten Rechtsmittel gehandelt haben, da der Verfahrensbevollmächtigte die Tätigkeit nach eigenen Angaben vorgenommen hat, bevor ihm der Schriftsatz mit dem Berufungszulassungsantrag zugeleitet worden ist und – vor allem – als er noch keine Kenntnis von einer etwaigen Begründung des Berufungszulassungsantrags hatte. Er konnte noch nicht wissen, inwieweit die erbrachte Recherchearbeit von Bedeutung sein wird. Bei seinem Hinweis, es seien auch Darlegungen dazu erfolgt, wie auf den Berufungszulassungsantrag insbesondere hinsichtlich der Einlegung der Berufung durch die Erinnerungsführerin zu reagieren sei, erschließt sich nicht, dass Ausführungen zum Berufungszulassungsantrag des Erinnerungsgegners hier für das eigene Rechtsmittel von Bedeutung sein konnten.

Eine andere Bewertung der vom Verfahrensbevollmächtigten der Erinnerungsführerin entfalteten Tätigkeit ist durch die mit der Beschwerde in Bezug genommene Rspr. des KG (Beschl. v. 21.1.2009 – 2 W 57/08, juris Rn 9 f.) nicht veranlasst, in der davon ausgegangen wird, dass, wenn ein Prozessbevollmächtigter eine gegen seinen Mandanten gerichtete Rechtsmittelschrift entgegennimmt, anzunehmen sei, dass er anschließend prüfe, ob etwas für den Mandanten zu veranlassen sei, und die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift und die hierdurch ausgelöste anwaltliche Prüftätigkeit keine bloße Neben- bzw. Abwicklungstätigkeit sei. Anders als das Kammergericht sieht der BGH (Beschl. v. 25.10.2012 – IX ZB 62/10, juris Rn 13 [= AGS 2013, 7]) eine derartige Prüfung nicht ohne Weiteres als eine über die Tätigkeiten i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG hinausgehende Handlung an. Dass eine Prüftätigkeit nicht über die Tätigkeiten nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG hinausgeht, ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn keine Veranlassung besteht zu prüfen, ob aufgrund des Berufungszulassungsantrags des Antragsgegners etwas zu unternehmen ist, weil der Zulassungsantrag nicht begründet wird oder die Begründung – wie hier – erst mit dem die Berufungszulassung ablehnenden Beschluss übermittelt wird.

Auch sind die vom Verfahrensbevollmächtigten der Erinnerungsführerin geltend gemachten Kosten nicht deswegen erstattungsfähig, weil die Erinnerungsführerin ihren Verfahrensbevollmächtigten gesondert mit der Tätigkeit im Berufungszulassungsverfahren des Erinnerungsgegners beauftragt hat. Sie waren nicht i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig. In der zu § 91 Abs. 1 ZPO ergangenen Rspr. (vgl. KG, Beschl. v. 21.1.2009 – 2 W 57/08, juris Rn 12 [= AGS 2009, 354]) wird, worauf die Beschwerde hinweist, zwar die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Berufungsbeklagten zur Erbringung anwaltlicher Leistungen im Berufungsverfahren regelmäßig schon ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsschrift selbst dann als notwendig betrachtet, wenn sie ohne Begründung und ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt worden ist. In...

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