Der Vorhang fällt, und viele Fragen bleiben offen.

Mit ungewöhnlich harschen Worten rügt der Senat den betroffenen Rechtspfleger, der weder die einschlägige Rspr. noch die entsprechende Kommentierung zur Kenntnis genommen habe, obgleich die vom Rechtspfleger bemühte Rspr. ersichtlich überholt gewesen sei und dies einer der beteiligten Rechtsanwälte auch belegt habe.

Diese Kritik mag im Ergebnis berechtigt sein, sie ist es sicherlich auch dort, wo der Rechtspfleger irrtümlich noch der Auffassung nachhängt, der Anfall einer Einigungsgebühr setze die Schaffung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 ZPO voraus.

Insoweit kann nun wirklich und in der Tat auf die neuere Rspr. des BGH und die Kommentierung u.a. in Gerold/Schmidt/Müller-Rabe verwiesen werden (vgl. die in der Entscheidung vorzufindenden Zitatstellen).

Zumindest zu kurz gesprungen und damit sinnentstellend ist aber umgekehrt die Sachverhaltsdarstellung des OLG Köln, wenn es dort heißt:

"Erklären die Parteien den Rechtsstreit allerdings in der Hauptsache für erledigt, ohne sich über die Kostenverteilung einigen zu können, die deshalb dem Gericht überlassen wird, fällt die Einigungsgebühr an".

Auch die hier bemühten Zitate tragen diese Feststellung nicht.

Der Senat lässt nämlich das Entscheidende offen, nämlich ob der Erledigung in der Hauptsache zuvor eine Einigung der Prozessparteien vorausgegangen ist.

Diese Voraussetzung (also zunächst Einigung und erst dann Erledigungserklärung in der Hauptsache mit anschließender Kostenentscheidung durch das Gericht) war maßgeblich für die Entscheidung des OLG Köln im Beschl. v. 25.1.2010,[1] und anderes findet sich auch nicht bei Müller-Rabe in Gerold/Schmidt unter der Rn 143 zu Nr. 1000 VV.

In der vom Senat in der Entscheidung v. 9.3.2016 sogar zitierten Entscheidung des Senats v. 25.1.2010 wird dies sogar ganz besonders deutlich:

"Erklären die Parteien des Rechtsstreits, ohne eine vorhergehende und gleichzeitige Übereinkunft wie im hier zu entscheidenden Fall getroffen zu haben, diesen lediglich in der Hauptsache für erledigt, so liegen bloße Prozesshandlungen vor, die die Rechtshängigkeit der bisher streitigen Ansprüche beenden. Wenn die Parteien nicht zugleich in einem sachlich-rechtlichen Streitpunkt eine Einigung erzielen, liegt kein Vertrag im Sinne des Nr. 1000 VV vor, so dass der hier in Rede stehende Gebührentatbestand nicht ausgelöst wird."

Und weiter mit noch größerer Deutlichkeit:

"In dem vorliegend zu entscheidenden Fall haben die Parteien jedoch über die Abgabe der Erledigungserklärung hinaus zuvor die erforderliche Einigung erzielt."

Genau diese Feststellung, nämlich die einer vorangegangenen Einigung, fehlt im Beschl. v. 9.3.2016.

Lag sie tatsächlich vor und wurde im Sachverhalt nur nicht erwähnt, ist die Entscheidung natürlich im Ergebnis richtig, kann in der Zukunft aber zu weiteren Irrungen und Wirrungen führen.

Ging der Erledigungserklärung keine Einigung voraus, so wäre die Entscheidung falsch und würde im Übrigen der eigenen Beurteilung in der zitierten Entscheidung des Senats v. 25.1.2010 widersprechen.

Herbert P. Schons

AGS 10/2016, S. 457 - 459

[1] AGS 2010, 218 ff.

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