1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gem. § 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und in der Sache begründet. Der Beschluss des AG ist aufzuheben. Die für die Verfahrenskostenhilfe maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin haben sich nicht wesentlich geändert. Die Antragstellerin hat kein nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Vermögen; ihr steht weiterhin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zu.

a) Nach § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über zu leistende Zahlungen ändern, wenn sich die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die nachträgliche Zahlungsanordnung setzt demnach voraus, dass eine fühlbare Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der betreffenden Partei eingetreten ist. Grund hierfür kann sein, dass die Partei nachträglich erstmals bzw. höheres Einkommen erzielt oder im Nachhinein verfügbares Vermögen erwirbt. Die der Antragstellerin zugeflossene Unterhaltsabfindung stellt kein solches Vermögen dar. Eine Unterhaltsabfindung kann, da es sich um eine grundsätzliche zweckgebundene Zuwendung handelt, die an die Stelle laufender Unterhaltszahlungen tritt, nicht als ein im Rahmen des § 120 Abs. 4 i.V.m. § 115 Abs. 3 ZPO nachträglich für Prozesskosten einzusetzendes Vermögen angesehen werden (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 115 Rn 5; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 2001; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1196 für eine Abfindung zum Ausgleich des Verlustes des Arbeitsplatzes).

Der vereinbarte Abfindungsbetrag ist vielmehr in monatliche Unterhaltsleistungen umzurechnen. Soweit sich aus diesen zusammen mit den Erwerbseinkünften der Antragstellerin bei einer Berechnung nach § 115 Abs. 2 ZPO ein ausreichendes Einkommen ergibt, können im Rahmen des § 120 Abs. 4 ZPO nachträglich monatliche Ratenzahlungen angeordnet werden (OLG Nürnberg FamRZ 2008, 265). Maßgeblich im Rahmen der Umrechnung ist dabei, für welchen Unterhaltszeitraum der Unterhaltsanspruch abgefunden werden sollte. Der Auffassung des AG, dass eine Unterhaltsabfindung generell auf einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten umgelegt werden müsse, kann sich der Senat nicht anschließen. Vielmehr ist anhand der jeweiligen individuellen Verhältnisse zu klären, für welchen Zeitraum der Unterhaltsberechtigte voraussichtlich auf den Abfindungsbetrag zur Deckung des laufenden Unterhalts angewiesen sein wird. Dabei sind die für die Bemessung des Abfindungsbetrages maßgeblichen Vorstellungen der Parteien zu beachten.

Das OLG Stuttgart hat allerdings angenommen, dass bei einer grundsätzlich arbeitsfähigen Partei auch bei einem Alter von über 50 Jahren nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass diese künftig keine Arbeit mehr finden könne und deshalb bis zum Eintritt der Rentenberechtigung nur von erhaltenen Unterhaltsabfindungen leben müsse. Vielmehr sei im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens davon auszugehen, dass die Partei bei entsprechenden Bemühungen zumindest innerhalb von zwei Jahren eine neue Arbeitsstelle finden könne, in der sie ein ausreichendes Einkommen zur Bestreitung des Mindestunterhaltsbedarfs erzielen werde (OLG Stuttgart, Beschl. v. 1.10.2008 – 8 WF 161/08). Ob dieser Entscheidung ein allgemeiner Grundsatz entnommen werden kann, bleibt dahingestellt. Hier liegen jedenfalls Umstände vor, die eine Umlegung des Abfindungsbetrages auf einen weitaus längeren Zeitraum als zwei Jahre erfordern.

b) Die Antragstellerin ist am … geboren und damit heute … Jahre alt. Sie war 2003/2004 an Brustkrebs erkrankt und hatte zuletzt – wie aus dem Beschluss des AG hervorgeht – im Jahre 2007/2008 eine geringfügige Tätigkeit als Verkäuferin ausgeübt. Seitdem ist sie ohne Arbeit. Das AG hatte der Antragstellerin einen unbefristeten Unterhaltsanspruch i.H.v. zuletzt 800,00 EUR zugebilligt. Bei der Berechnung der Abfindungssumme für den Vergleich v. 3.5.2012 wurde ein Unterhaltszeitraum bis Januar 2022 zugrunde gelegt und damit von den Beteiligten auf den voraussichtlichen Rentenbeginn der Antragstellerin abgestellt.

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es der Antragstellerin nach Ablauf von 24 Monaten gelingen wird, wieder erwerbstätig zu sein und für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin sind die Beteiligten bei der Bemessung der Abfindung für den Zeitraum Januar 2012 bis Dezember 2013 von einem monatlich geschuldeten Unterhalt von … EUR ausgegangen, ab dem 1.1.2014 bis Dezember 2016 von monatlichen Zahlungen von … EUR und schließlich ab Januar 2017 bis Januar 2022 von einem geschuldeten Unterhalt von … EUR. Dabei können diese Beträge allerdings nicht ungekürzt als Einkommen bei der Berechnung der gem. § 115 Abs. 2 ZPO geschuldeten Raten zugrunde gelegt werden, weil die Beteiligten eine Verrechnung mit dem Antragsgegner zustehenden Zugewinnausgleichansprüchen vorgenommen haben. Der Antragstellerin sind mithin nur 72 % des eigentlich geschuldeten Unterhalts zugef...

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