1. Voller Verteidigungsauftrag

Die Vorschriften der Nrn. 4124 ff. VV gelten für die in Vorbem. 4 Abs. 1 VV genannten Verfahrensbeteiligten.[10] Das wird i.d.R. der Vollverteidiger sein. Hat der Rechtsanwalt nicht den vollen Verteidigungsauftrag für das Berufungsverfahren erhalten, sondern ist ihm nur eine Einzeltätigkeit übertragen worden, gelten nicht die Nrn. 4124 ff. VV sondern Teil 4 Abschnitt 3 VV. Das ist z.B. der Fall, wenn der Rechtsanwalt nur damit beauftragt worden ist, die Berufung einzulegen oder zu begründen (vgl. dazu IV., 2.). Es gilt allerdings der Grundsatz, dass der Rechtsanwalt i.d.R. den vollen Auftrag erhält.[11]

Für den Pflichtverteidiger ist auf Folgendes hinzuweisen: Wird er erst im Berufungsverfahren, beigeordnet, gilt hinsichtlich der von ihm als Wahlanwalt vor der Beiordnung im Berufungszug erbrachten Tätigkeiten § 48 Abs. 6 S. 2 RVG. Auch für diese Tätigkeiten erhält er gesetzliche Gebühren aus der Staatskasse.[12] § 48 Abs. 6 S. 2 RVG erstreckt sich aber nicht auf Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt als Wahlanwalt in früheren Rechtszügen, also in der ersten Instanz, erbracht hat.[13]

[10] Vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn 5 ff.
[11] U.a. KG StraFo 2005, 439 = RVGreport 2005, 341 = AGS 2005, 557; AGS 2006, 329 = StraFo 2007, 41; OLG Schleswig AGS 2005, 120 = StV 2006, 206 = RVGreport 2005, 70.
[12] Wegen der Einzelh. zur Erstreckung Burhoff, RVGreport 2004, 411; Ders., RVGreport 2008, 129; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 48 Abs. 6 Rn 1 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, § 48 Rn 137 ff.
[13] Vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., § 48 Abs. 6 Rn 15 ff.

2. Einzeltätigkeit

Ist der Verteidiger nicht Vollverteidiger, sondern nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt, ist zu unterscheiden:

Ist der Rechtsanwalt nur mit der Einlegung der Berufung beauftragt, entsteht dafür eine Gebühr Nr. 4302 Nr. 1 VV.
Für die Anfertigung oder die Unterzeichnung der Berufungsbegründung entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4301 Nr. 2 1. Alt. VV, soweit dem Rechtsanwalt diese Tätigkeiten als Einzeltätigkeiten übertragen worden sind. Hat der Rechtsanwalt zunächst Berufung eingelegt und ist dafür eine Gebühr Nr. 4302 Nr. 1 VV entstanden, wandelt sich diese nach der Anm. zu Nr. 4301 VV in eine Gebühr nach Nr. 4301 Nr. 2 VV um, wenn der Rechtsanwalt später die Berufung auch begründet.
Gibt der Rechtsanwalt im Rahmen einer Einzeltätigkeit eine Gegenerklärung zur Berufung eines anderen Verfahrensbeteiligten ab, entsteht eine Gebühr Nr. 4301 Nr. 2 2. Alt. VV.
Ist der Rechtsanwalt nur damit beauftragt, dem Mandanten im Berufungsverfahren Beistand zu leisten, entsteht eine Nr. 4302 Nr. VV.
Für die Beistandsleistung in der Berufungshauptverhandlung erhält der Rechtsanwalt die Nr. 4301 Nr. 4 VV.

Bei (mehreren) Einzeltätigkeiten ist über die Vorbem. 4.3 Abs. 3 S. 2 VV § 15 Abs. 6 RVG zu beachten: Danach darf der Rechtsanwalt nicht mehr an Gebühren erhalten, als der mit der vollen Verteidigung beauftragte Rechtsanwalt erhalten würde.[14]

[14] Wegen der Einzelh. Burhoff/Volpert/Volpert, a.a.O., Vorbem. 4.3 VV Rn 72 m.w.N.

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