1. Allgemeines

Immer wieder kommt es in der Praxis zu Debatten über die Auslagenpauschale. Wegen ihres pauschalisierten Ansatzes fällt diese ab dem ersten Tag des Tätigwerdens – jährlich gerechnet – an. Hat der Verwalter daher im zweiten Tätigkeitsjahr auch nur 1 Tag für die Insolvenz gearbeitet, fällt sie in derselben Höhe an, wie wenn das gesamte Jahr über eine Befassung mit dem Verfahren erfolgt wäre. Dies mag auf den ersten Blick "ungerecht" erscheinen, dabei handelt es sich aber um Unwägbarkeiten, die in einem pauschalisierten System hinzunehmen sind. Dem Verwalter steht es daneben auch zu, einen Einzelansatz vorzuziehen. Die Auslagenpauschale errechnet sich dabei aus der Regelvergütung, nicht aus dem um Zu- oder Abschläge erhöhten oder verminderten Betrag (LG Berlin, Beschl. v. 5.2.2019 – 85 T 211/18). Die Pauschale fällt im Grundsatz also "jährlich" für jedes "angebrochene" Jahr an und ist im Falle kürzerer Dauer (weniger als ein volles Jahr) normalerweise auch nicht zu kürzen (BGH, Beschl. v. 23.7.2004 – IX ZB 257/03).

2. Kappungsgrenzen

Die Pauschale kennt aber auch mehrere Kappungsgrenzen. Zum einen fällt sie im ersten Jahr i.H.v. 15 % der Regelvergütung an, in den folgenden Jahren dann (jährlich) nur noch i.H.v. 10 %. Daneben ist die Pauschale "gekappt" auf max. 350,00 EUR je Monat (bei jährlicher Betrachtungsweise). Weiter findet die Pauschale ihren absoluten Kappungsgrund bei 30 % der Regelvergütung. Die Kappungsgrenzen wurden eingeführt, um bei größeren Insolvenzmassen zu vermeiden, dass sich die Höhe der Pauschale zu weit von den tatsächlich entstandenen Aufwendungen entfernt.

3. Aberkennung im Ausnahmefall

Vom Grundsatz, wonach die Pauschale nicht im Falle von "nur" angebrochenen Jahren zu kürzen ist, macht nun das AG Fulda eine Ausnahme. Die Ziele des Insolvenzverfahrens für die Gläubigerbefriedigung und ggf. die Sanierung des Unternehmens sollen möglichst rasch erreicht werden. Das Insolvenzverfahren ist deshalb beschleunigt durchzuführen (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 13.2.2003 – IX ZB 368/02). Mit diesem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung wäre es nicht vereinbar, wenn der Insolvenzverwalter den Abschluss des Verfahrens verzögern könnte, um auf diese Weise den Anspruch auf weitere Auslagenpauschsätze zu erlangen. Ein Auslagenpauschbetrag nach § 8 Abs. 3 InsO kann deshalb nur bis zu dem Zeitpunkt verlangt werden, in dem das Insolvenzverfahren abschlussreif ist. Der Umstand, dass der Insolvenzverwalter den Abschlussbericht nicht vorlegt, obwohl ihm dies möglich ist, verlängert ebenso wenig wie ein Rechtsmittel des Insolvenzverwalters gegen die Vergütungsfestsetzung den berücksichtigungsfähigen Zeitraum der Tätigkeit des Insolvenzverwalters i.S.d. § 8 Abs. 3 InsVV. Das AG Fulda bewegt sich daher in der vorgegebenen Rspr. des BGH, indem es ebenfalls auf den maßgeblichen fiktiven Endzeitpunkt des Verfahrens abstellt. Das AG Fulda "hilft" also letztlich den Gläubigern dadurch, dass den Gerichten Rspr. an die Hand gegeben wird, durch die es eine Benachteiligung der Gläubiger verhindern kann.

Dipl.-RPfl. Stefan Lissner, Konstanz

AGS 9/2023, S. 431 - 432

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