1. Allgemeines und Sprachbarrieren

Hier ist zu differenzieren, ob es sich bei den Rechtsfragen um das allgemeine Ausländerrecht, um inländisches oder ausländisches Recht handelt. Grds. gilt nach wie vor: Das Gebiet, für welches um Beratungshilfe nachgesucht wird, muss einen Bezug zum Inland aufweisen. Nur dann ist von Gesetzes wegen Beratungshilfe möglich. Es versteht sich von selbst, dass auch Ausländer, die sich in der BRD aufhalten, antragsberechtigt sind und einen Anspruch auf Beratungshilfe – bei Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen – haben.[10] Das BerHG ist nicht auf die deutsche Staatsbürgerschaft beschränkt, muss allerdings einen Bezug zum Inland aufweisen (§ 2 Abs. 3 BerHG). Beratungshilfe ohne Bezug zum Inland, also Beratung eines Ausländers über Rechte und Pflichten im Heimatland etwa, ist nicht beratungshilfefähig. Das Ausländerrecht umfasst heute ein weites Gebiet an Spezialmaterie, die lediglich noch ein geschulter und spezialisierter Fachanwalt vollumfänglich im Auge behalten kann. Nicht spezialisierte Rechtsanwälte werden zwar vereinzelt eine entsprechende Hilfe leisten können, das gesamte Gebiet der Materie wird ihnen aber indes nicht sofort präsent sein. Folglich ist der Wunsch nach fachanwaltlicher Aufklärung insbesondere angesichts des für den Bürger bedrohten Rechtsgutes nachvollziehbar. Beratungshilfe auf dem Gebiet des Ausländerrechts betrifft oft eine sehr bedürftige Klientel mit Migrationshintergrund, der das deutsche Recht, die deutschen Formalien und das gesamte Rechtswesen fremd sind. Hinzu kommen Verständigungs- und Sprachdefizite sowie ein gewisses Maß an Schwellenangst gegenüber staatlicher Hilfe, die sie – bspw. aus ihrem Herkunftsland – so nicht kennen. Niemand soll in der Bundesrepublik aber nach dem Willen des Gesetzgebers gehindert sein, seine berechtigten Interessen durchzusetzen. Zu beachten ist aber weiterhin das Subsidiaritätsprinzip des BerHG. Danach scheidet Beratungshilfe auch dann aus, wenn andere Hilfen gegeben sind.

[10] Klinge, Das Beratungshilfegesetz, 1980, § 1 Rn 8.

2. Andere Hilfemöglichkeiten

Das BerHG ist "subsidiär" formuliert, es darf auch nicht zu einer Besserstellung einer Partei gegenüber selbstzahlenden Bürger kommen und zudem soll es nach dem Willen des BVerfG nicht zu beanstanden sein, "den Anspruch auf Beratungshilfe vom Vorliegen einschränkender Voraussetzungen abhängig zu machen." Insbesondere soll der Rechtsuchende zunächst auch auf zumutbare andere Möglichkeiten für eine fachkundige Hilfe bei der Rechtswahrnehmung verwiesen werden können.[11] Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG dürfen keine anderweitigen Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. In Betracht kämen hier vor allem Sozialverwaltungen, Ausländerbehörden, Kommunen, aber auch Sozialverbände und spezialisierte Vereine. Per se scheidet danach die Beratungshilfe bereits selbstredend aus, wenn eine solche Hilfe in zumutbarer Form vorliegt. Fraglich und für ein gewisses Konfliktpotential zwischen Bürger, Gericht und Rechtsanwalt dürfte daher vor allem die Thematik um die Zumutbarkeit sein. Solche zumutbaren anderen Hilfen können sich dabei vor allem durch die Ausländerbehörde ergeben.

Das BVerfG[12] hat noch vor wenigen Monaten entscheiden, dass die Ablehnung von Beratungshilfe für ein sozialrechtliches Widerspruchsverfahren ggfs. gegen die Rechtswahrnehmungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1, 3 GG) verstoßen kann. Ähnliche Fälle sind in der Vergangenheit ebenfalls so entscheiden worden. Im Jahr 2009[13] bspw. hat das BVerfG entschieden, dass bei der Gefahr von Voreingenommenheit, Zirkelschlüssen und Interessenkollision bei einer nicht hierarchisch getrennten Behörde dieser Verweis nicht gelten soll. Dies solle z.B. im Widerspruchsverfahren gelten. Es liegt nahe, eine Beratung durch die Ausgangsbehörde als zumutbare andere Hilfsmöglichkeit abzulehnen, wenn aus Sicht des Bürgers ein Interessenkonflikt der Behörde angenommen werden könne. Bei einer Verweisung auf Beratung durch die Behörde, gegen die argumentiert werden müsse, würde es sich um einen wiederholten Versuch handeln, die Behörde von einer entgegenstehenden Rechtsansicht des Antragstellers zu überzeugen. Es sei für den Bürger schwer vorstellbar, dass die Behörde ihn in dieser Situation so berate, dass sie ihre eigene Entscheidung angreife. Das BVerfG hat aber auch schon entscheiden, dass nicht stets im Sozialrecht Beratungshilfe in Betracht kommen muss. Kann sich der Rechtsuchende selbst helfen, liegen andere Hilfen ansonsten vor – wozu es auch die Selbsthilfe zählt – kann Beratungshilfe auch ausscheiden. Während also im Sozialrecht die Lage "umstritten" ist und stets auf den Einzelfall abzustellen ist, "verharrt" die Rspr. zum Thema Beratungshilfe für Ausländer in seinem "Dornröschenschlaf". Neue Erkenntnisse liegen – trotz der früheren und der jetzigen Flüchtlingsproblematik – nicht vor. Nach § 25 VwVfG besteht bei der Ausländerbehörde eine grundsätzliche Aufklärungs- und Unterstützungspflicht der Behörde. Diese Unterstützungsleistung beste...

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