1. Mal wieder in der Frage: Erstattung der Kosten eines Sachverständigengutachtens, nichts Neues, sondern nur Wiederholung der Grundsätze, mit denen die AG und auch die LG die entsprechenden Anträge der Betroffenen/Beschuldigten i.d.R. abbügeln. Die dafür gewählte Begründung geht m.E. an der Praxis vorbei. Denn die vom LG dargestellten Grundsätze schildern einen Zustand, der nach Anwendung der Vorschriften der StPO wünschenswert wäre, der aber in der Praxis kaum anzutreffen ist. Denn die Ermittlungsbehörden und/oder Instanzgerichte lehnen im Vorverfahren vom Betroffenen/Beschuldigten gestellte Beweisanträge i.d.R. ab. Von daher geht das Abstellen auf den Amtsermittlungsgrundsatz mehr als fehl. Aber: Die Rspr. geht leider in diese Richtung und bewegt sich kaum (zu den damit zusammenhängenden Fragen s. auch Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Aufl., 2022, Rn 4883 m.w.N.). Und das gilt leider – wie die Entscheidung zeigt – auch, wenn es um Fragen der Anthropologie geht, die m.E. entgegen der Auffassung des LG nicht einfach zu beantworten sind.

2. Bei aller Kritik an dem Beschluss, hat er aber auch etwas Gutes. Er erinnert noch einmal daran, dass man als Verteidiger vor der Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens auf jeden Fall einen entsprechenden (Beweis-)Antrag beim Gericht stellen sollte. Dann kann, wenn es später um die Erstattung geht, zumindest nicht entgegengehalten werden, dass ja noch nicht einmal der Antrag gestellt worden ist.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 9/2021, S. 412 - 413

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge