RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var., Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104

Leitsatz

Besprechungen des Anwalts zur Erledigung eines Verfahrens lösen auch dann eine Terminsgebühr aus, wenn für das Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist. Die einschränkende Voraussetzung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV gilt nicht für die Terminsgebühr der Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV.

OLG München, Beschl. v. 27.8.2010–11 W 331/10

Sachverhalt

Die noch nach der ZPO zu behandelnde, auf Trennungs- und Kindesunterhalt gerichtete Klage erkannte der Beklagte an. Daraufhin erging ein Anerkenntnisurteil, wobei der Beklagte verurteilt wurde, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Neben der Hauptsache war auch Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Auf Antrag setzte die Rechtspflegerin die der Klägerin vom Beklagten zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits fest, darunter auch eine 1,2-Terminsgebühr im Verfahren der einstweiligen Anordnung. Zur Begründung wurde vorgetragen, der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mehrere Telefongespräche über die Möglichkeit einer gütlichen Einigung geführt.

Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Festsetzung einer Terminsgebühr im Verfahren der einstweiligen Anordnung wendet. Zur Begründung wird ausgeführt, im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei keine mündliche Verhandlung vorgesehen. Dies sei aber nach der Nr. 3104 VV Grundvoraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr.

Der Beschwerde hat das AG nicht abgeholfen. Die sofortige Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Das AG hat zu Recht auch eine 1,2-Terminsgebühr festgesetzt, da diese nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV für mindestens ein Telefongespräch zwischen den Parteien angefallen ist.

Mit der Einführung der Terminsgebühr nach dem RVG, die sowohl die Verhandlungs- als auch die Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BRAGO ersetzt, sollte erreicht werden, dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen (BT-Drucks 15/1971, S. 209).

Eine Terminsgebühr kann nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV in folgenden Fällen entstehen:

  • für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin;
  • für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins;
  • für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.

Daneben kann nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu 3104 VV eine Terminsgebühr auch in im Einzelnen aufgeführten Fällen entstehen, in denen keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, sondern der Rechtsanwalt nur schriftlich tätig geworden ist. In diesen Fällen ist dafür außerdem Voraussetzung, dass in den betreffenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, da nur dann die schriftliche Tätigkeit des Anwalts einen Verhandlungstermin ersetzen und somit auch vergütungsrechtlich als gleichwertig angesehen werden kann (BT-Drucks 15/1971, S. 212).

Diese Vorschrift enthält allerdings keine Einschränkung der Grundregel der Vorbem. 3 Abs. 3 VV, sondern ergänzt und erweitert diese auf Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung oder Besprechung, ob mit oder ohne Beteiligung des Gerichts, nicht stattfand (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., Nr. 3104 Rn 7; AnwK-RVG/Schneider/Wahlen, 4. Aufl., Nr. 3104 Rn 1 u. 3). Daraus folgt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV die Entstehung einer Terminsgebühr nicht davon abhängig ist, dass zusätzlich eine der Voraussetzungen der Anm. zu Nr. 3104 VV vorliegt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe a.a.O. Vorbem. 3 Rn 91 ff.; so auch jedenfalls für das Berufungsverfahren OLG Dresden NJW-RR 2008, 1667).

Der gegenteiligen Ansicht (BGH v. 1.2.1007 – V ZB 110/06, JurBüro 2007, 252 [= AGS 2007, 298] u. 15.3.2007 – V ZB 170/06, JurBüro 2007, 525 [= AGS 2007, 397]) kann sich der Senat nicht anschließen. Schon der Wortlaut der Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV, besagt, dass die Terminsgebühr "auch", aber nicht "nur" unter den darin genannten Voraussetzungen entsteht, während die Vorbem. 3 Abs. 3 VV gerade keine Beschränkung auf bestimmte Verfahrensarten enthält. Würde die Anm. zu Nr. 3104 VV eine gleichwohl zu beachtende Einschränkung der allgemeinen Voraussetzungen nach Vorb. 3 Abs. 3 VV darstellen, könnte z.B. im Mahnverfahren grundsätzlich keine Terminsgebühr anfallen, während die Vorbem. 3.3.2. VV eine solche gerade vorsieht. Ebenso könnte in vielen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die auch keine obligatorische mü...

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