I. Überblick

Die Einigungsgebühr der Nr. 1000 VV als allgemeine Gebühr aus Teil 1 VV kann grundsätzlich in allen Angelegenheiten anfallen, soweit dies nicht gesetzlich ausgeschlossen ist, wie z.B. in Anm. Abs. 5 S. 1 zu Nr. 1000 VV in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG). Die Einigungsgebühr kann daher auch in der Zwangsvollstreckung anfallen.

II. Vertrag

Wie in allen anderen Fällen setzt die Einigungsgebühr in der Zwangsvollstreckung nach Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV einen Vertrag voraus, der i.d.R. zwischen Gläubiger und Schuldner geschlossen wird. Möglich sind aber auch Einigungen mit Dritten (insbesondere mit Mitschuldnern, Bürgen, Drittschuldnern o. Ä.).

III. Streit oder eine Ungewissheit

Durch den Vertrag muss ein Streit oder eine Ungewissheit beseitigt worden sein. Es muss also Streit oder Ungewissheit über die Höhe der zu vollsteckenden Forderung, deren Fälligkeit o. Ä. bestanden haben. Dabei dürfte die Ungewissheit über die Realisierbarkeit der Forderung bereits ausreichen.

IV. Nachgeben

Des Weiteren ist das Nachgeben einer Partei erforderlich. Ein Anerkenntnis oder ein Verzicht reichen auch hier nicht aus.

Ein typischer Anwendungsfall der Einigungsgebühr in der Zwangsvollstreckung ist der Verzicht des Gläubigers auf einen Teil seiner Ansprüche, wenn dafür die restlichen Ansprüche erfüllt werden. Eine solche Einigung beseitigt die Ungewissheit über die Realisierbarkeit der Forderung. Darüber hinaus lösen auch Ratenzahlungsvereinbarungen die Einigungsgebühr aus.[1] Der Gläubiger gibt insoweit nach, als er auf den sofortigen Ausgleich seiner Forderung verzichtet.

[1] BGH AGS 2005, 140 = JurBüro 2005, 309 = AnwBl 2005, 365 = FamRZ 2005, 794 = Rpfleger 2005, 330 = MDR 2005, 897 = NJW-RR 2005, 1303 = RVGreport 2005, 263; AnwK-RVG/Wolf, Nr. 3309 Rn 88.

V. Mitwirkung

Erforderlich ist eine Mitwirkung des Anwalts. Diese fehlt, wenn die Parteien sich selbst einigen oder wenn sich der Anwalt gegenüber dem Gerichtsvollzieher lediglich generell mit einer Ratenzahlung einverstanden erklärt und daraufhin der Gerichtsvollzieher dem Schuldner Ratenzahlung bewilligt.[2]

[2] BGH AGS 2006, 496 = RVGreport 2006, 382 = FamRZ 2006, 1372 = DGVZ 2006, 133 = BGHReport 2006, 1392 = Rpfleger 2006, 674 = NJW 2006, 3640 = MDR 2006, 1373 = InVo 2007, 39 = JurBüro 2007, 24.

VI. Gegenstandswert

Der Gegenstandswert der Einigung bemisst sich wie auch sonst nach dem Wert der Gegenstände, über die man sich geeinigt hat. Es kommt auch hier nicht darauf an, worauf man sich geeinigt hat.

VII. Gebührenhöhe

Hinsichtlich der Höhe des Gebührensatzes gelten die Nrn. 1000, 1003, 1004 VV. Auch hier ist die Höhe der Einigungsgebühr davon abhängig, ob der Gegenstand, über den man sich einigt, anhängig ist und wenn ja, wo er anhängig ist. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr ist wie folg zu differenzieren:

Soweit die Hauptsache oder ein Vollstreckungsverfahren anhängig ist – dazu zählt auch ein Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher (Anm. S. 2 zu Nr. 1003 VV)[3] –, entsteht eine 1,0-Gebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV.
Ist die Hauptsache in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig, so entsteht die Gebühr zu 1,3 (Nr. 1004 VV). Gleiches gilt bei Anhängigkeit in einem Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren nach Vorbem. 3.2.1, 3.2.2 VV (Anm. Abs. 1 zu Nr. 1004 VV).
Soweit weder die Hauptsache noch ein Vollstreckungsverfahren anhängig ist – und auch kein Auftrag an den Gerichtsvollzieher erteilt ist, etwa wenn bislang nur die Vollstreckung angedroht worden oder die Zwangsvollstreckungsmaßnahme bereits abgeschlossen ist – , entsteht die Einigungsgebühr zu 1,5 (Nr. 1000 VV).

Möglich ist auch eine Einigung sowohl über anhängige als auch über nicht anhängige Gegenstände. Dann entsteht die Einigungsgebühr zu unterschiedlichen Sätzen, wobei § 15 Abs. 3 RVG zu beachten ist.

Ein Fall unterschiedlicher Gebührensätze ist insbesondere dann gegeben, wenn erst durch den Vergleich weitere Gegenstände einbezogen werden.

Im Gegensatz zu den Nrn. 3100, 3101 VV kennt die Nr. 3309 VV keine ermäßigte Verfahrensgebühr, so dass hier immer die volle 0,3-Verfahrensgebühr anfällt, auch soweit infolge einer Erweiterung des Auftrags zusätzliche Gegenstände einbezogen werden.

[3] Eingefügt zum 31.12.2006 durch das 2. JuMoG.

VIII. Abrechnungsbeispiele

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Vollstreckungsauftrag mit Einigung, Vollstreckung nicht anhängig

Der Anwalt ist beauftragt, nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits eine Mobiliarvollstreckung wegen einer Geldforderung i.H.v. 1.860,00 EUR anzudrohen. Nach Erhalt der Vollstreckungsandrohung einigen sich die Parteien und treffen eine Ratenzahlungsvereinbarung.

Bereits mit der Vollstreckungsandrohung beginnt die Zwangsvollstreckung,[4] so dass die Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV entsteht. Hinzu kommt eine Einigungsgebühr, die hier 1,5 beträgt (Nr. 1000 VV). Eine Anhängigkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung war nicht gegeben, da ein Vollstreckungsverfahren (noch) nicht anhängig war. Dass die Forderung zuvor im Rechtsstreit anhängig gewesen war, ist unerheblich, da es nur auf den Zeitpunkt der Einigung ankommt.

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, N...

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