§ 30 RVG; § 75 VwGO

Leitsatz

Der Gegenstandswert einer Untätigkeitsklage in Verfahren nach dem Asylgesetz ist mit dem hälftigen Regelwert festzusetzen.

VG München, Beschl. v. 28.6.2023 – M 22 K 23.30652

I. Sachverhalt

In einem Verfahren nach dem AsylG hatte der Kläger eine isolierte Untätigkeitsklage erhoben. Nach Erledigung des Verfahrens hat das VG den Gegenstandswert auf den hälftigen Regelwert des § 30 RVG (2.500,00 EUR) festgesetzt.

II. Isolierte Untätigkeitsklage hat geringere Bedeutung

Die von § 30 Abs. 1 RVG abweichende Festsetzung des Gegenstandswerts für die Klägerin beruht auf § 30 Abs. 2 RVG. Danach kann ein höherer oder niedrigerer Wert festgesetzt werden, wenn der gem. § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Das Gericht erachtet hier den Regelgegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG i.H.v. 5.000,00 EUR für unbillig, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens (schlichte Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nur die Fortsetzung des Asylverfahrens war. Danach war zur Überzeugung des Gerichts eine Halbierung des Regelgegenstandwerts geboten.

III. Bedeutung für die Praxis

1. Entscheidung entspricht herrschender Rechtsprechung

Die Entscheidung des VG entspricht der herrschenden Rspr. (BVerwG NVwZ 2018, 1875 = DÖV 2018, 1062; VG Würzburg, Beschl. v. 29.6.2022 – W 8 K 22.30235). Ungeachtet dieser generalisierenden Rspr. ist allerdings immer zu beachten, dass eine Reduzierung des Gegenstandswert nur im Einzelfall in Betracht kommt, was stets zu prüfen und zu begründen ist. Hätte der Gesetzgeber eine generelle Ermäßigung des Gegenstandswerts bei Untätigkeitsklagen gewollt, dann hätte er dies entsprechend geregelt.

2. Anders bei Verpflichtungsklage

Die vorstehende Rspr. gilt nur für isolierte Untätigkeitsklagen nach § 75 VwGO. Anders verhält es sich, wenn eine Verpflichtungsklage in Form einer Untätigkeitsklage erhoben wird (VG Minden, Beschl. v. 8.11.2022 – 3 K 2463/22.A). In diesem Fall ist der volle Wert anzusetzen.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 8/2023, S. 374

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