Etwas schnell, wahrscheinlich aus der Hüfte, geschossen hat hier das AG. Wenn man den Sachverhalt liest, fragt man sich, wie das AG angesichts der – zitierten – höchstrichterlichen Rspr. darauf kommen konnte, dass der Fristverlängerungsantrag nicht mehr rechtzeitig war. Der Antrag war vor Fristablauf eingegangen, sodass er zu bescheiden war. Fristablauf ist am letzten Tag der Frist um 24.00 Uhr und nicht der Zeitpunkt, an dem der Richter am Tag des Fristablaufs Dienstschluss macht. Dafür braucht man m.E. nicht das BVerfG bzw. besser: Dafür sollte man besser nicht die Belehrung durch das BVerfG brauchen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Umstandes, dass natürlich die Partei – egal in welchem Verfahren – nicht dafür verantwortlich ist, wenn entsprechende Anträge dem Gericht nicht mehr vor der Entscheidung vorgelegt werden. Das sind Fragen der gerichtsinternen Organisation, für die die Partei nun wahrlich nicht verantwortlich ist. Genau für die Fälle gibt es ja auch die Anhörungsrüge, die der Partei die Möglichkeit gibt, übersehenes und/oder nicht bekanntes, aber rechtzeitig eingegangenes Vorbringen doch noch zu berücksichtigen. Es ist unverständlich, wenn sich die Gerichte in solchen Fällen auf das "hohe Ross" setzen, und entsprechenden Vortrag der betroffenen Partei "abbügeln". Man sollte dann lieber die Chance zur Reparatur ergreifen und (nachträglich) rechtliches Gehör gewähren. Darauf hat die Partei Anspruch. Eine Reparatur wird zudem sicherlich eher dazu führen, dass die Partei eine ggf. nachteilige gerichtliche Entscheidung akzeptiert. Eine Gehörsverletzung bewirkt eher das Gegenteil.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 8/2023, S. 382 - 383

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