1. Zunächst: Der Entscheidung ist nichts hinzuzufügen, außer, dass LG und OLG zutreffend entschieden haben. Die Entscheidung entspricht der h.M. in Rspr. und Lit. (vgl. dazu die vom OLG angeführten Lit.-Nachw.). Danach gilt: Die Einlegung der Revision gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG für den Verteidiger, der in dem vorhergehenden Rechtszug bereits tätig war, noch zum gerichtlichen Verfahren dieses Rechtszuges (KG NStZ 2017, 305 = StraFo 2016, 513 = RVGreport 2017, 237; OLG Hamm, a.a.O.; LG Heidelberg, Beschl. v. 9.5.2023 – 12 Qs 16/23 [für die Berufung]; LG Osnabrück RVGreport 2019, 339; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4.1 VV Rn 38 ff.). Jede danach für den Mandanten erbrachte Tätigkeit führt aber zur Verfahrensgebühr des Rechtsmittelverfahrens, also im Berufungsverfahren zur Nr. 4124 VV bzw. im Revisionsverfahren zur Nr. 4130 VV (OLG Jena JurBüro 2006, 365 [für die Akteneinsicht]; LG Osnabrück, a.a.O. [für Revisionsrücknahme und Prüfung der Erfolgsaussichten]). Das gilt i.Ü. auch dann, wenn der Angeklagte nach Rechtskraft des Urteils infolge Rechtsmittelverzicht im Hauptverhandlungstermin eine (unzulässige) Revision einlegt und in dem "Nachtragsverfahren" der Rechtsanwalt Tätigkeiten entfaltet (LG Tübingen StraFo 2007, 175).

2. Man fragt sich unter Zugrundelegung dieses eindeutigen Meinungsbildes in Rspr. und Lit. im Hinblick auf das Rechtsmittel des Bezirksrevisors, was ein solches Rechtsmittel eigentlich soll. Warum kann man nicht einfach auch ein Bezirksrevisor eine h.M. akzeptieren, auch wenn sie für die Staatskasse, die zahlen muss, nachteilig ist? Man würde damit nicht nur sich, sondern auch den Gerichten, die immer wieder dieselben Fragen entscheiden müssen, eine Menge Arbeit ersparen, die besser für andere Fragen/Entscheidungen aufgewendet werden könnte. Oder hat es damit zu tun, dass Bezirksrevisoren – den Eindruck habe ich, und nicht nur ich – offenbar nicht belehrbar und/oder auch nicht lernfähig sind oder sein wollen. Anders machen solche unsinnigen Rechtsmittel, wie hier eins vorgelegen hat, keinen Sinn. Das mag ggf. in "Rechtsmissbrauchsfällen" anders sein. Aber dafür gibt es – so das OLG – "keine Anhaltspunkte". Warum kann man dann nicht akzeptieren, dass man es hier dann doch wohl mit einem Verteidiger zu tun hatte, der richtig gehandelt und zunächst mal Rechtsmittel eingelegt hat, dann dessen Erfolgsaussichten anhand des begründeten Urteils prüft und dann das Rechtsmittel zurücknimmt und so dem Revisionsgericht Arbeit erspart? Dass ist doch genau das, was dem Verteidiger immer dann geraten wird, wenn es um die Rücknahme des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft vor dessen Begründung geht. Wobei ich jetzt nicht auch noch das "Fass nicht aufmachen" will, ob in dem hier entschiedenen Fall ggf. nicht auch die Nr. 4141 VV entstanden ist. Denn sie hatte der Verteidiger noch nicht einmal geltend gemacht. Also kann man den Vorwurf der "Gebührenschinderei" nicht machen.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 8/2023, S. 351 - 352

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